Dieser Text entsteht äußerst spät, also in etwa so, wie ich normalerweise aufstehe. An diesem Tag war das allerdings nicht möglich; schon um sechs Uhr wurde ich von Tilman aus dem gemütlichen Schlafsack gescheucht. Ganz schön schnell waren wir also auch bereit, fuhren einige Kilometer und machten dann an einer Bäckerei in Roßwein halt. Als wir ordentlich gespeist hatten, und das Angebot als nicht ausreichend für unseren extravaganten Geschmack bewertet hatten, fuhren wir etwa einen Kilometer weiter.
Dann standen wir schon an der zweiten Roßweiner Bäckerei, wo wir uns sogar hineinsetzen konnten – ein Novum für uns, und bei den frühmorgendlichen Temperaturen sehr angenehm. Trotzdem wollten wir dann irgendwann weiter; also schwangen wir uns in unsere gemütlichen Schalensitze, winkten Roßweinzum Abschied zu und entschwanden in den sächsischen Morgen.
Nach einiger Zeit des gemütlichen Fahrens fiel uns auf, dass unsere Wasservorräte zu Neige gingen. Das ist in Deutschland zum Glück kein Problem: Meist fahren wir einfach zu einem Friedhof, wo es grundsätzlich Trinkwasser zum Blumen gießen gibt. Wir sind zwar keine Blumen, müssen aber natürlich trotzdem gegossen werden. Wir vermuten, dass uns verziehen wird, wenn wir regelmäßig den Friedhofsblumen Wasser klauen.
So war es auch an diesem Friedhof, wo wir sogar freundlich gegrüßt wurden. Das Wasser einräumen dauert dann auch immer seine Zeit; hier habe ich das mal übernommen, während Tilman Informationen über die Kirche studierte.
Das wurde sofort wahrgenommen, denn kurz darauf fragte eine Frau, ob wir mal in die Kirche gucken wollten. Innerlich zerissen – es war schließlich kein Neukirchen – siegte schließlich unser Interesse für Kirchenarchitektur, und so bedankten wir uns freundlich für das Angebot und ließen uns die Kirche aufschließen. Der Herr, der gerade nebenan bei einer Baustelle arbeitete, ließ uns den Schlüssel da: Wir sollten ihn einfach vorbeibringen, wenn wir fertig geschaut hätten. Ein riesiger Kontrast zu unserer Kirchenbesichtigung gestern; man betrachte den letzten Blogeintrag! Extrem ironisch wurde es dann dadurch, dass die Kirche prächtig und wunderschön renoviert war. Leider hatten wir inzwischen den Proviant und das Wasser wieder aufgefüllt, sonst hätten wir natürlich Altar oder Ähnliches gestohlen.
Insofern blieb uns nichts anderes übrig, als die Kirche wieder ordnungsgemäß abzuschließen und den Schlüssel zurückzubringen. Ohne Raubaltar, aber mit einer schönen Erfahrung, die die schlechte Erfahrung gestern fast vergessen ließ, radelten wir weiter. Dank des frühen Aufstehens war schon Mittags Borna-Neukirchen, unser heutiges Ziel, in Sichtweite, doch die Kommunikation klappte nicht so gut, und wir wussten noch nicht, ob und wo wir dort übernachten könnten. Also machten wir einfach eine lange Pause an einer schönen Hütte; das Bild ist ja im letzten Blogeintrag zu bewundern.
Nach vier Stunden Pause, Tilman schlief sogar zwischendurch, meldete sich Borna: Wir könnten am Feuerwehrhaus unter einem Unterstand unser Zelt aufbauen. Sehr gut! Wir hatten mitbekommen, dass die Bürgermeisterin sich morgens um 8:30 Uhr am nächsten Tag für uns Zeit nehmen wollte; um den Zeitplan nicht spontan verändern zu müssen, war eine Übernachtung dort ja relativ dringend notwendig.
Nachdem das nun geregelt war, konnten wir die letzten 20 Kilometer ganz gemütlich fahren. Kurz nach der Ankunft kam ein Feuerwehrmann auf uns zu, der uns begrüßte. Leider hatte er auf Tilmans Nachfrage auch keine Ahnung, wo wir in Neukirchen aufs Klo gehen könnten; so etwas schien es nicht zu geben. Nachdem Tilmans Bedarf an einem Klo aber recht groß war, rief ich unsere Kontaktperson in Neukirchen an, der dann die Idee hatte, mal bei der Feuerwehr anzurufen – dort könnten wir sicher aufs Klo gehen. Eine wahrhaft erstaunliche Idee! Nachdem er dort angerufen hatte, wurden wir aus der Feuerwehr gerufen, und Tilman durfte die im Feuerwehrhaus eingebaute Toilette benutzen. Überraschung!
Wir schrieben dann auf dem Festplatz ein paar Postkarten, bauten das Zelt auf, und überlegten, zum Dönerladen im Nachbarort zu fahren. Dann geschah noch etwas! Herr Rossa aus Neukirchen, der uns schon die Toilette organisieren konnte, und ein Mitglied des Gemeinderats (oder Ortschaftsrats?), dessen Namen ich peinlicherweise vergessen habe, besuchten uns. Wir kamen dann, wie das so ist, ins Quatschen, und so war der Abend doch noch richtigt nett. Es stellte sich raus, dass der Herr aus dem wie auch immer gearteten Rat ursprünglich aus Neukirchen-Vluyn stammt, und es entwickelte sich ein nettes Gespräch über dieses und jenes.
Am Ende bemerkte ich mit Schrecken, dass der angepeilte Döner inzwischen zeitlich nicht mehr gut zu erreichen war: Die magische 21-Uhr-Grenze näherte sich schnell, und schließlich wurde ich noch von dem Herrn mit dem Auto(!) zum Dönerladen gefahren.
So sah man spät abends zwei Gestalten auf dem Platz in Borna-Neukirchen sitzen und fröhlich Döner speisen. Und dann sah man die nächsten Stunden einen fröhlichen Malte durch Neukirchen spazieren und mit Familie und Freundin telefonieren.
Und dann sah man nur noch ganz kurz ein Licht im Zelt, denn schon nach wenigen Minuten war oberwähnter Malte schon friedlich eingeschlummert, ohne einen Blog geschrieben zu haben. Und jetzt sitzt der drei Tage ältere Malte etwas verzweifelt vor einem echten Computer und versucht sich an diesen Tag zu erinnern, was nur so mittelmäßig klappt, denn Fotos haben wir natürlich auch kaum gemacht. Wenn schon, denn schon!