Dies wird ein kurzer Artikel für eine aufregenden Tag: Die jam session hat so lange gedauert, dass ich kaum mehr Zeit zum Schlafen habe! Aber der Reihe nach:
Als wir aufwachten, befanden wir uns in Fürth bei unserer tollen Gastfamilie. Wobei das nicht ganz richtig ist: Als ich aufwachte, befand Tilman sich gerade auf dem Weg zum Bäcker, um für das Frühstück Brötchen zu holen. Das war eine Odyssee, da der nächstgelegene Bäcker nicht geöffnet hatte und sich am weit entfernten Bäcker halb Fürth tummelte. Insofern dauerte Tilmans Reise dann doch etwas länger als erwartet. Als er zurückkam gab es Frühstück, unter anderem mit leckerem Blauschimmelkäse – Tilman würde das wohl nicht unterschreiben. Nach einer spannenden Gartenführung zogen wir dann, von Anna ein Stück begleitet, von dannen, immer am Stadtrand von Fürth entlang in Richtung Nürnberg (oder in Fürth auch: Die Ansammlung von Häusern, deren Name nicht genannt werden soll). Regentropfen pflasterten unseren Weg, erstmals konnten wir dem Regen tatsächlich nicht durch ein gekonntes Manöver ausweichen. Ziemlich nass, aber fröhlich erreichten wir nach einiger Zeit „Lauf an der Pegnitz“ – dort warteten, wie im gestrigen Blog schon angekündigt, meine Eltern in einem Café am Marktplatz auf uns.
Nach heißem Kakao, Tee, Regenguss abwarten und Fahrräder holen fuhren wir zu viert los in Richtung Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg. Doch unsere Tour währte nicht lange: Schon nach einigen hundert Metern erreichten wir einen großen, nicht befahrenen Parkplatz, auf dem meine Eltern (todesmutig) das Gefährt ausprobieren, dessen Namen wir noch immer nicht festgelegt haben. Als mein Vater es so im matschigen Regen stehen sah, fiel ihm spontan „Orange Juice“ ein; wir sind bisher nicht begeistert. Außerdem haben wir aus Mehlingen-Neukirchen die Namen „MA-TIL-TA“ oder „Neu-Til-Ma-Ta“ vorgeschlagen bekommen; wer die Abkürzungen entziffern kann darf sich gerne selbst kräftig auf die Schulter klopfen. Beiden Namen haben auf jeden Fall einen schönen Klang!
Aber weiter im Tagesverlauf: Die nächsten Kilometer bis Hersbruck legte Tilman gemütlich auf dem E-Bike zurück, während mein Vater fröhlich hinten auf dem Tandem Platz nahm, navigierte und dann auch noch filmisch festhielt, wie wir in Matsch und hohem Gras fast umfielen. Dieser Film kommt selbstverständlich in den Giftschrank, den wird nie jemand zu Gesicht bekommen!
In Hersbruck machten wir dann, auch weil es gerade wieder zu regnen begann, eine Pause in einem Biergarten, in dem wir zu leckeren Kässpätzle eingeladen wurden. Dann blieben wir noch eine Weile sitzen und erzählten von unserer wundersamen Reise, während von oben der Regen auf das Tandem (aber nicht auf uns!) prasselte. Nach einiger Zeit entschieden meine Eltern, lieber zurückzufahren, während Tilman und ich uns aufs Radl schwangen, um gen Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg erst im Regen, dann aber kurze Zeit später schon wieder in der Sonne zu fahren. Das Wetter wechselte heute häufiger als in einem durchschnittlichen, vollständigen April. Darüber können wir uns aber kaum beschweren, schließlich hatten wir uns gestern auf durchgängigen Nieselregen eingestellt!
Kurze Zeit später erreichten wir dann Neukirchen; trotz der sehr spontanen Nachricht (ich hatte, weil niemand auf meine Mail geantwortet hatte, erst gestern die Stadt angerufen) hatte sich ein kleines Begrüßungskomittee aus drei Personen eingefunden, unter anderem der 2. Bürgermeister und der Reporter der Lokalzeitung. Nur die Person mit der ich telefoniert hatte war verschwunden: Herr Schramml war uns über den Fahrradweg entgegengefahren, wir hatten allerdings einige Kilometer vor Neukirchen genug von dem blöden Fahrradweg gehabt und waren auf die Straße gewechselt, so hatten wir uns dann verpasst.
Als Herr Schramml zurückkam, erhielten wir eine kurze, interessante geschichtliche Ausführung zur schon sehr weit zurückreichenden Geschichte dieses Neukirchens. Besonders spannend fand ich hierbei das Simultaneum, das heißt, die Abmachung, dass Protestant:innen und Katholik:innen nebeneinander her leben und sogar die gleiche Kirche benutzen. Auch wenn es da wohl einige Schwierigkeiten gab, hat dieses System in Neukirchen im großen und ganzen gut funktioniert!
Die Kirche selbst war auch schön; deutlich größer und pompöser als die Kirchen, die wir in den letzten Tagen besichtigen durfen. Nach einer kurzen Führung wurden wir dann sogar auch noch zum Essen eingeladen; da wir nicht mehr so viel Hunger hatten, bestellte Tilman in weiser Voraussicht einen Salat, der sich als Salatberg mit allem möglichen anderen Krams herausstellte und letzten Endes vermutlich mehr sättigte als meine Pizza! Vor dem Essen hatten wir noch die Chance, einen kleine Ausstellungsraum anzuschauen, in dem über den Abbau von Ocker im Ort berichtet wurde. So richtig habe ich zwar noch nicht verstanden, wofür der Ocker in so großen Mengen gebraucht wurde, aber die Förderung lief wohl tatsächlich noch sehr lange!
Nach dem Essen mussten wir dann weiter, denn wir hatten über Couchsurfing einen Gastgeber in Amberg gefunden, den wir eigentlich zum Essen einladen wollten. Das wurde natürlich nichts mehr; stattdessen wurden wir von Trey toll umsorgt, und er hatte sich noch eine Pizza bestellt. Beim Essen berichteten wir ihm von unserer Reise, und er berichtee uns vom Leben und der Arbeit in der US Army. Wirklich spannend für uns zwei Naturwissenschaften-studierenden seltsamen Nerds!
Nach der Pizza und einer sehr angenehmen warmen Dusche wechselten wir ins Wohnzimmer, wo ich vorsichtig auf das Klavier schielte. Zum Glück wurde das gemerkt; zu Beginn klimperte ich nur ein bisschen, dann holte Trey seine Gitarre raus und wir spielten verschiedene Lieder, sowohl improvisiert als auch mit Noten. Das wurde später und später, und jetzt ist es so spät, dass ich beim Schreiben gerade schon kurz eingeschlafen bin. Also schnell ins Bett; morgen haben wir wieder einiges vor uns! Und Hemau-Neukirchen scheint auch mit uns einiges vorzuhaben; wir sollten also ein bisschen ausgeruht sein!