Ihr habt euch sicher schon mal gefragt, warum wir die ganze Zeit von irgendwelchen Bürgermeistern empfangen werden. Die kurze, aber nicht ganz korrekte Antwort: weil wir so verflixt gut aussehen!
Die etwas längere Antwort: Nachdem sie von der Idee überzeugt war, schlug meine Mutter vor, mal die Bürgermeister:innen der Orte anzuschreiben - vielleicht würden wir ja so in einigen Gemeinden kleine Führungen bekommen.
Direkt vor meiner Prüfungsphase war natürlich der optimale Zeitpunkt, den Plan in die Tat umzusetzen. Also suchte und besuchte ich alle 46 Internetauftritte (die teilweise nicht besonders viel Orientierung bieten) und suchte nach E-Mail-Adressen der Ortsvorsteher:innen der Neukirchens, oder alternativ der Bürgermeister:innen, oder sonst der Stadt selbst. Die packte ich dann alle in eine lange Liste und schrieb (mit Hilfe meiner Freundin) insgesamt 46 Mails, also an jedes Neukirchen eine, größtenteils mit dem selben Text, aber natürlich mit unterschiedlichen Anreden, Daten und Stadtnamen.
Oft kam direkt nach ein, zwei Tagen eine Antwort, manchmal ein paar Wochen später, und teilweise auch gar nicht.
Da ich mich neben der Koordinierung einer Fahrradreise auch dem lästigen Studieren widmen musste, war mir das dann auch schnuppe - einige Neukirchens hatten sich ja zurückgemeldet, mehr hätte ich vermutlich zeitlich gar nicht geschafft.
Dabei benutzte ich eine Route, die wir mal optimiert hatten, und schrieb die Bürgermeister:innen also auch in der Reihenfolge und den dazugehörigen geschätzten Daten an.
Da unsere Optimierung langsam besser wurde, hatten wir verschiedene "kürzeste" Routen. Wie man sich nun denken kann, benutzte ich eine andere Tour als die, die Tilman für die Routenplanung nutzte. Natürlich wäre das kein großes Problem gewesen, wir sind ja spontan und die Neukirchens auch, wenn wir das nicht erst gestern gemerkt hätten - knapp eine Stunde, nachdem ich der Stadt Hemau ein festes Ankunftsdatum genannt hatte. Und da das zu meiner Route gehörte (die übrigens auch noch länger ist als Tilmans - so ein Ärger) weichen wir jetzt die nächsten fünf Neukirchen von der geplanten Tour ab, was man auf der Karte schon jetzt unschwer erkennen kann. Wir schlafen nämlich heute in Fürth, nur ein paar Kilometer von unserem gestrigen Schlafplatz - so mussten wir heute eine Strecke doppelt fahren. So ein Ärger!
Um zu den Rückmeldungen zurückzukommen, und einen Mantel des Vergessens über meine Routenplanung zu hüllen: Das heutige Neukirchen, ein Stadtteil von Sachsen bei Ansbach, hatte sich gar nicht zurückgemeldet.
Da jetzt aber die bisherige Tour so ein Erfolg war, und wir bis jetzt überall tolle Menschen getroffen haben, schrieb ich gestern morgen eine weitere Mail: Diesmal an den Oberbürgermeister der Hauptgemeinde. Er meldete sich zwar nicht zurück, leitete die Mail aber schnell weiter. Kurze Zeit später bekam ich einen Anruf von Steffi Schober, aus Neukirchen, im Gemeinderat, und tatsächlich Empfängern meiner ersten Mail im Juli; Schande über den Spam-Filter von Yahoo!
Steffi klang total nett und lud uns ein, sie in Neukirchen zu treffen. Natürlich waren wir dabei, und so fuhren wir heute morgen von unserem Schlafgemach in Erlangen gen Südwesten, relativ entspannt im Gerade-so-nicht-Regen Richtung Sachsen bei Ansbach.
Wir hatten uns schon bei der Adresse gewundert, und als wir ankamen, bestätigte sich die Vermutung: Neukirchen bestand tatsächlich nur aus einer Straße, und Adressen wie "Neukirchen 1", "Neukirchen 6", und, da der Hof wohl aufgeteilt wurde, "Neukirchen 7 1/2" und "Neukirchen 7 3/4" - siehe Fotos!
Als Vertreterinnen der knapp 80 Einwohner:innen begrüßten uns erst ihre Mutter, dann kurze Zeit später auch Steffi. Außerdem, nicht zu den 80 Personen zählend, zahlreiche süße weiche Hasen, weniger süße weiche Hühner, und exorbitant süße junge Zwergziegen. Hier musste natürlich erst mal ordentlich gekrault werden!
Auf der anschließenden Ortstour wurde uns das extrem moderne Gemeinschafts- und Feuerwehrhaus gezeigt, mit ganz neuem, schickem Feuerwehrauto! Die Orte haben auch kein wirkliches Nachwuchsproblem: für knapp 240 Einwohner (beide Orte zusammen) hingen hier bestimmt 30 Feuerwehranzüge an den Wänden. Außerdem zeigte Steffi uns die kleine, fast quadratische Kirche, in der ich wieder Orgel spielen mussdurfte, der Speicher, der Glockenturm, das noch manuelle Uhrwerk, an dem jeden Tag Gewichte sechs Meter in die Höhe gezogen werden müssen. Quasi ein Tag der offenen Tür im Dorf, denn Steffi hatte sämtliche Schlüssel - ein wirklich spannender und lehrreicher Aufenthalt.
Zurück bei ihr aßen wir zusammen mit ihren Eltern und Kindern leckeren Kuchen, dann bekamen wir sogar noch Geschenke der Stadt - was für ein Lotterleben.
Es gab allerdings nur ein Glaswappen von Sachsen bei Ansbach, und Tilman schlug aus gutem Grund, das heißt, meiner völligen Unfähigkeit, vor, den zukünftigen Besitzer per SchnickSchackSchnuck zu bestimmen.
Das genaue Ergebnis ist natürlich nicht sehr relevant für so einen Blog! Ich liege jetzt allerdings insgesamt mit 2:7 hinten ... Es ist halt leider kein Glücksspiel!
Danach und nach einer kurzen Fotosession fuhren wir wieder ab in Richtung Fürth: Diesmal bei übwiegend "Gerade-so-Regen", mit einem tollen Regenbogen und einem guten Blick auf einige Kunstwerke, die wir auf der Hinfahrt schon kurz beguckt hatten. Wirklich klasse, wie spontan das geklappt hat!
Mit nur zwei Mal kurz unterstellen kamen wir dann abends bei der Familie der Mitbewohnerin von Tilmans Freundin Ida (logisch, oder?) in Fürth an, wo wir ganz herzlich aufgenommen wurden und sogar begrillt und bekocht wurden.
Nach einem schönen Abend gehen (bzw gingen) jetzt alle ins Bett; einer wacht und schreibt. Wir freuen uns auf morgen, trotz mäßigem Wetterbericht, denn meine Eltern begleiten uns ein bisschen!