Nach gefühlt ewiger Planung haben wir es tatsächlich geschafft loszukommen und Tag 1 beginnt! Der Plan für die ersten Woche(n) war alte Bekannte wiederzutreffen und so ergab sich als Ziel des ersten Tages Wolfenbüttel, wo Mario, Idas alter Mitbewohni aus Braunschweig, nun wohnt. Für die Hälfte von uns war das Loskommen aus Haldensleben ganz schön schwierig. Abschiede sind keine schöne Sache und schon gar nicht, wenn es so eine lange Zeit ist. Aber ganz nach dem Motto unserer Hauptseite:
"Es ist eine gefährliche Sache, aus deiner Tür hinauszugehen. Du betrittst die Straße, und wenn du nicht auf deine Füße aufpasst, kann man nicht wissen, wohin sie dich tragen."
Und so machten wir uns mit Sonja und Madita (und einigen Tränen) auf. Die beiden begleiten uns noch einige Kilometer und verabschieden sich dann. Und noch viele Kilometer später verabschieden sich dann auch die Tränen.
Auf unserem Weg Richtung Westen hatten wir einige Mini-Stationen: Wir hatten unseren ersten Grenzübertritt, ein Entenhaus mit Gummientenkopf, viel auf & ab und dann noch ein bisschen mehr und am Ende noch eine Prise Regen. Doch der war schnell vergessen, weil uns bei Mario nicht nur Mario, sondern auch eine warme Dusche, ein Burger und das Schützenfest in Goslar erwartet haben.
Tag 2 unserer Tour begann mit einem ausgiebigen Frühstück bei Mario inklusive einer Tandem Testfahrt. Mario begleitete uns dann noch ein ganzes Stückchen auf seinen Inlinern, bis auch er uns wegen mangelnder asphaltierter Wege verlassen musste. Danach waren wir wieder zu dritt: Tilman, Ida und der Gegenwind.Lustigerweise feierten an diesem Sonntag fast alle Dörfer ihr Schützenfest. Nach unseren zahlreichen eigenen Umzügen in letzter Zeit konnten wir nun endlich anderen dabei zugucken :)
Während einer kurzen Nappause, um uns vom Gegenwind zu erholen, wurden wir wieder an die Hilfsbereitschaft der Menschen erinnert, Eine Frau im Auto wendete aus Sorge, dass uns etwas geschehen sei. Nachdem wir ihr versicherten, dass es uns gut ginge, fuhr nicht nur sie, sondern auch wir weiter. Denn der Tag hielt noch eine letzte Überraschung für uns parat: funktionierende innerstädtische Radwege (Hannover). So kamen wir wohlbehalten bei Tilmans uaOW (uraltem Onkel Wolfgang) und Heidrun an. Mit ihnen verbrachten wir einen wunderschönen Abend mit vielen guten Gesprächen, griechischem Essen und Wein.
Nach einem ausgiebigen Frühstück frisch gestärkt ging es am Morgen vom Tag 3 weiter. Unser nächstes Ziel hieß: Göttingen, wo Merle, die Schwester, nicht die Katze (Joline) und auch nicht die andere Katze (Julia), wohnt. Da 120km aber für den Anfang der Tour etwas weit erschien, kümmerte sich Tilman um ein 1nitetent bei ca 90km. Das Wetter war angenehm bewölkt, so dass wir eine gemütliche Fahrtemperatur hatten. Die meiste Zeit ging es mal mehr und mal weniger entspannt an der Leine lang. Obwohl der Weg selbst an vielen Stellen etwas dürftig ist, kann man drumherum viel entdecken. Zum Beispiel ein schönes Schloss, welches sich zwischen den Bäumen an einem Hang befand.
Während wir unsere Packtaschen wieder etwas sortierten, setzten sich zwei Frauen auf eine benachbarte Bank und sahen uns interessiert zu. Sie waren so amüsiert über uns, dass sie uns sogar einen Sekt anboten und so unterhielten wir uns noch ein bisschen. Eine von ihnen meinte, sie fände es verrückt, dass junge Menschen heutzutage noch Wünsche und Träume haben, mit all dem, was gerade so los ist. Hat sie ja auch Recht, aber was soll man schon anders machen? Also genießen wir unsere Fahrradtour.Neben dem Auf und Ab der Berge trafen wir an diesem Tag auch noch eine andere Person. Als wir an der Leine eine Snackpause einlegten, kam uns ein Spaziergänger entgegen, der interessiert auf unser Fahrrad schaute, also luden wir ihn auf ein Paar Stückchen unserer Schokoladentafel ein. Er erzählte uns, dass er damals maßgeblich daran beteiligt war, den Leine-Heide Radweg an dieser Stelle auszubauen. Also ein bisschen Geschichtsunterricht zur Schoki :)Irgendwann wollten wir aber doch noch bei unserem 1nitetent ankommen. Und so fuhren wir weiter. Dies war einer der Tage, an denen wir echt viele Höhenmeter zurücklegten (zb die letzten 3km...) Dennoch schafften wir es sicher hoch. Natürlich nicht ohne für ein Foto in Orxhausen anzuhalten.
Dort oben erwartete uns Sonja mit einem großen Garten und wir schlugen nun zum ersten Mal unser Zelt auf.
Nach einem erholsamen Schlaf im Zelt stand nun also Tag 4 an. Er begann damit, dass wir Sonja erstmal eine Runde auf dem Tandem mitnahmen. Sie war/ist bei den Pfadfindern und wusste also auch die eine oder andere Geschichte zu erzählen.
Wir hatten heute nur noch 40km vor uns bis nach Göttingen. Es sollte auch der erste etwas wärmere Tag werden. Auf dem Weg machten wir Rast an einer Straße, nachdem wir mit unserer neuen Strategie eine unwegsame und steile Straße hoch sind. (Tilman schiebt von hinten, Ida lenkt und strampelt vorne). Bei dieser Pause haben wir viel mit Tilmans Kamera rumgespielt und dabei sind ein paar schöne Bilder entstanden.
Bisher haben wir viel von schönen Erlebnissen während der Pausen berichtet. Allerdings hat man dann doch beim Fahren die ein oder andere Situation, in der man sich viel ärgert. Wir fuhren relativ steil bergauf und waren dementsprechend langsam unterwegs, als es auf einmal hektisch von hinten klingelte. Wir fuhren also etwas nach rechts, als wir plötzlich lautes Geschrei und Gemotze hörten. Eine Frau auf ihrem E-Bike, mit 25km bergauf, die uns von rechts überholte und sich also unerwartet zwischen Tilman und der Straße wiederfand...
Fazit des Tages: Liebe E-Bikefahrer unter euch, fahrt bitte nur mit der Geschwindigkeit, die für euch und eure Verkehrsteilnehmer angemessen ist :-)
In Göttingen bei Merle und Chimu angekommen, besahen wir uns die schöne Stadt, quatschten viel, aßen Sommerrollen und fielen fix und fertig, aber glücklich, in den Schlaf.
Tag 5 begann dann mit einem ausgedehnten Frühstück und so kamen wir (wie immer später als geplant) auch irgendwann los. Die Strecke startete mit einem sehr moderaten Anstieg. Das beste für die Knie, um warm zu werden. Nach einer sehr melonenhaltigen Pause ging es dann seeeehr lange relativ steil bergab.
Tilmans Motto: "Bremsen ist für Feiglinge" wollte ich (Ida) nicht ganz Folge leisten. Trotzdem kamen wir sehr schnell an die Weser und genossen diesen Radweg sehr!
Viel schöner als an der Leine lang, viele Felder, Wälder, süße Dörfer und die nette Weser, wo wir auch gleich eine Überleitung zum nächsten Fluss entdeckten; der Nehte. Bevor wir allerdings entlang der Nehte fuhren, machte Tilman noch ein Foto der Weser.
Der Schlafplatz des heutigen Tages sollte wieder ein 1nitetent sein und die letzten Kilometer streckten sich zäh wie Kaugummi. Also ignorierten wir ein Baustellenschild, welches uns mit 20% Steigung bergauf führen wollte. Wir fuhren also legalerweise einfach weiter und kamen auch durch :)
Kurz vor unserem letzten Berg machten wir nochmal Rast auf einer Bank. Plötzlich hörten wir von hinten nur: "Lust auf eine kalte Cola?". Der Mann aus dem Haus hinter uns bot uns zwei kleine geschlossene (!) Flaschen Cola an, die wir einfach nicht ablehnen konnten.
Er empfahl uns auch eine bestimmte Route über den nächsten Berg zu nehmen. Nachdem wir diesen auch bezwungen hatten, kamen wir tatsächlich bei unserem 1nitetent an und der Mann wartete schon auf uns. Er zeigte, wo wir Klo und Dusche benutzen konnten (keineswegs Standard bei 1nitetent) und hielt noch einen kleinen Plausch mit uns. Danach bauten wir unser Zelt in seiner Apfelplantage auf, genossen die Überbleibsel der Sommerrollen und schliefen nach einem anstrengenden Tag (99,2km) ein.
Tag 6 sollte auch wieder anstrengend werden, denn wir hatten den Teutoburger Wald als Steigung vor uns. Es stellte sich allerdings heraus, dass unsere Befürchtungen schlimmer waren als die Realität. Und so belohnten wir uns oben mit der Aussicht auf die Externsteine, die Tilman bisher nur von Briemarken kannte und Ida gar nicht.
Wir bestaunten sie aber nur von unten, da der "Aufstieg" "nur" 4€ gekostet hat...
Nach den Externsteinen ging es dann bergab. Sehr lange bergab. Also wirklich lange. Teils leider auf etwas dürftigem Terrain, aber man kann ja nicht immer alles haben. Danach ging es entspannt an der Lippe entlang (also auch sehr flach). Daher mussten wir den Unterschied der Autofahrer aus Lippstadt und Paderborn kennenlernen. Lippstädter überholen vorbildlich, während die meisten Paderborner wohl nochmal einen Auffrischungskurs in der Fahrschule gebrauchen könnten.
Während einer unserer Pausen gab es dann Italia-Gourmet Essen für uns: Knüppelbrot mit Mozzarella und Basilikumtomatenmark. Nur, falls ihr euch fragt, was wir uns so zu Essen reinziehen.
Vor dem letzten Aldi unterhielten wir uns mit einer Frau, bei der sich rausstellte, dass sie eine Bekannte unseres Warmshower-Hosts Hedwig war. So begleitete sie uns noch bis fast vor die Haustür. Hedwig wohnt mit ihrer Familie auf einem großen Hof. Etwas später kam dann auch noch Adam, ein weiterer Radler aus Berlin, dazu. Wir aßen zusammen Abendbrot, unterhielten uns noch viel und dann ging es auch schon schlafen.
Jetzt habt ihr schon so fleißig bis hierhin gelesen, dass ihr Tag 7 auch noch schafft :-)
Zusammen mit Adam brachen wir nach einem Frühstück (übrigens auch nicht selbstverständlich bei WS - warmshowers) auf. Adam fuhr noch einige Kilometer auf unserem Tandem mit. Hedwig erzählte uns noch am Morgen, dass wir wohl durch einen Ort fahren würden, wo die heilige Ida lebte und wirkte (Herzfeld). Dort machten wir natürlich Pause und sahen uns das genauer an. Die heilige Ida hatte immer eine Kiste, wo sie Essen und Kleidung für die Armen aufbewahrte. Eine Ladenbesitzerin (die von uns, für uns, ein Foto machte) erklärte uns auch, dass durch einen Brief an den Papst die Kirche zu einer Basilika wurde. Nächstes Jahr im September nehmen wir uns auch vor, dort zu Ida-Woche mal vorbei zu schauen :)
Einige Dörfer später trennte sich unser Weg von Adams. Die letzten 25km zur Familie von Tilmans ehemaliger Nachhilfe waren dann schnurstracks geradeaus. Bei Familie Gilles grillten wir dann und unterhielten uns noch bis in die Nacht hinein. An dieser Stelle möchte ich (Ida) euch noch auf ein wunderschönes Sternenbild aufmerksam machen: "Das Haar der Berenike". Früher gehörte es als letzter Teil des Schwanzes zum Sternbild Löwe. Heutzutage ist es ein eigenes Sternbild, was gerade noch beobachtbar ist.
Das waren also unsere Eindrücke von der ersten Woche. Wir hoffen, dass wir es schaffen zum Samstag hin immer unseren Teil fertig zu schreiben. Dann müssen noch unsere Transkriptoren und Übersetzer ran. Denen sind wir super dankbar für ihre Arbeit!
Bis dahin: seid vorrausschauende Autofahrer und rücksichtsnehmende Fahrradfahrer :)
Tilman & Ida