Liebe Freunde des gepflegten Blogs, ich muss mich entschuldigen. Ich hatte mir fest vorgenommen, heute auf den 150 Kilometern nach Potsdam - 70 davon auf gerader Strecke an der B2 entlang - die beiden letzten Einträge zu schreiben, und dann heute Abend den heutigen zu verfassen.
Warum mir das Schreiben während der Fahrt nicht möglich war, werdet ihr nun aber noch nicht erfahren, auch wenn die Geschichte unbedingt erzählenswert ist.
Denn ich liege, inzwischen zweifach eingeschlafen sowie zweifach wieder hochgeschreckt, in einem sehr gemütlichen Bett in einer sehr gemütlichen Wohnung in Potsdam, Tilman ist eine Rekordentfernung von mehreren Metern und mindestens einer Wand von mir entfernt, und mir fallen und fallen die Augen zu. Morgen und übermorgen ist Pause, zumindest für mich - ich verspreche hoch und heilig, den Blog auf den neuesten Stand zu bringen und alle unsere Schandtaten bis ins kleinste Detail zu beschreiben.
Jetzt ist der zweite Pausentag angebrochen, und ich habe schon ein bisschen nachgearbeitet: Was für ein Erfolg! Schnell weiterschreiben, bevor das Wetter zu gut ist und ich mich in Potsdam umschauen muss ... Aber wie kamen wir überhaupt nach Potsdam? Eine Frage, die in diesem Blogartikel endlich geklärt wird! Die kurze, aber falsche Antwort, die mit Blick auf die Karte sofort auftaucht: Wir haben uns einfach fürchterlich verfahren.
Tatsächlich war dieser doch eher umfangreiche Umweg von Anfang an geplant: Tilman muss am Sonntag auf eine Hochzeit in Potsdam, wo auch seine Freundin Ida wohnt. Und wir dachten uns: Lieber einen Tag früher ankommen und dann in Potsdam entspannen; auch wenn das heißt, dass wir heute 150 Kilometer fahren müssen.
Um das zu schaffen, standen wir relativ früh auf, beschafften beim EDEKA eine Mordsmenge an Mangostreifen und Müsliriegeln sowie ein kleines Frühstück, und machten uns um viertel vor acht auf den Weg. Davon gibt es dann gar nicht so viel zu berichten: Relativ eben und relativ ereignisarm fuhren wir recht gerader Richtung Potsdam, machten eine schöne Essenspause am Wasser und eine zweite Pause an einer kleinen Hütte, die sowohl schöner als auch weniger schön war. Schöner für mich, da ich mit meiner Freundin Hannah einen langen, etwas wobbeligen Videoanruf machte, weniger schön für Tilman, der bemerkte, dass während der Fahrt seine Regenjacke vom Gepäck gerutscht war. Obwohl relativ gut befestigt, war sie entweder abgestreift oder abgeruckelt worden!
Während ich also fröhlich telefonierte, machte Tilman einen langen Spaziergang zurück, konnte aber seine Regenjacke leider nicht finden. Unverrichteter Dinge, aber mit Aussicht auf eine neue, geliehene Regenjacke in Potsdam, fuhren wir weiter. Überraschend früh kamen wir nach Wittenberg, worauf wir uns gefreut und wovor wir uns gleichermaßen gefürchtet hatten.
Gefreut, da wir ab da quasi nur noch einmal abbiegen mussten, bis wir in Potsdam waren. Gefürchtet, weil es trotzdem noch knapp 70 Kilometer waren, die wir entlang der B2 schnurgerade fahren mussten. Da war die Angst vor Langeweile natürlich groß, sodass ich mir fest vorgenommen hatte, hier Blog zu schreiben. Zuerst wurde es aber aufregend: Die B2 war gesperrt, aber nicht für Fahrradfahrer, und so konnten wir völlig ungestört und ganz alleine auf dem neuen Asphalt einer Bundesstraße fahren.
Völlig allein, sagte ich? Nicht ganz! Ein einsamer Radfahrer leistete uns auf der Strecke Gesellschaft! Es war Extremradler Askan von Schirnding, auf dem Weg nach Berlin, dem wir uns anschlossen. Das war für ihn vermutlich nicht ein normales Tempo, wir aber hatten das Gefühl, als würden wir fliegen. Das spannende Gespräch und der Wunsch, nicht unnötig aufzuhalten, sorgte für Extrakraft in den Beinen, und so fuhren wir mit ordentlich Tempo über die Straßen und holprigen Fahrradwege.
Knapp 20 Kilometer vor Potsdam trafen wir dann auch noch Pablo, der ebenfalls nach Berlin unterwegs war, und schon waren wir eine schöne kleine Fahrradgruppe auf der unwahrscheinlichsten Route: Über die todlangweilige B2. Vermutlich waren die 60 Kilometer bis Michendorf, wo wir uns trennten, die kurzweiligsten und schnellsten der Reise, und damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet!
Und es wurde sogar noch besser, denn noch in Michendorf trafen wir Ida, die uns entgegen gefahren war. Und so wechselte ich mal ausnahmsweise das Vehikel und nahm auf Idas extrem hohen Rad Platz, während ich die beiden auf dem Liegetandem beobachtete – sieht schon echt komisch aus, ich kann die verwunderten Blicke verstehen!
Mit Ida fuhren wir nach Potsdam und wurden abends verwöhnt: Es gab Kötbullar, eine Waschmaschine und frische Wäsche! Apropos Kötbullar: Selbstverständlich wollen wir hier auch einen Wissensblog betreiben: Die richtige schwedische Aussprache ist Schötbüllar! Das war zwar für mich überraschend, tat dem guten Geschmack aber keinen Abbruch.
Nach dem Essen saßen wir dann noch gemütlich zusammen, brachten uns auf den neuesten Stand, und ich versuchte mich am Klavier, das hier in der Wohnung steht. Geht doch noch deutlich besser als so eine Orgel! Erfreut darüber schlief ich ein, ohne einen echten Blogeintrag zu schreiben – wie ihr an den ersten Absätzen ja unschwer erkennen könnt!