Immer wieder merkt man: Das, was man von Reisen am ehesten im Kopf behält, sind nicht die schönen Orte, sondern die tollen Menschen, die man trifft.
Insofern war heute ein Tag, der uns lange im Gedächtnis bleiben wird.
Außerdem sagt man ja auch: Sonnenbrand vergeht, Bräune besteht. Sagt man natürlich nicht, klingt auch nicht gut, würde mich aber freuen. Denn meine Beine, Arme und Nase machen jeder Erdbeere Konkurrenz - während Tilmans Haut, die gar nicht weiß was Sonnenbrand überhaupt ist, über die mickrige deutsche Sonne nur höhnisch lachen kann. Unfair ist das!
Aber zurück zum Tag: Nach einer für mich etwas kurzen Nacht und dem gemütlichen Frühstück bei Peter, Svenja und Paul machten wir noch einen aufregenden Ausflug zum Ortsschild, wo eine kurze Fotosession eingelegt wurde. Dann wieder zurück; die Kirche wurde ja gestern schon gestürmt.
Bergisch Neukirchen ist ein wirklich schöner, kleiner Ortsteil von Leverkusen, war aber bis in die 70er unabhängig. Deshalb herrscht auch so ein gewisser, zwischen Selbstironie und Stolz schwankender Lokalpatriotismus vor, den ich super angenehm fand.
Kurz vor der Abreise kam dann noch eine Nachbarin vorbei, die natürlich das Tandem bestaunte (erster Namensvorschlag, allerdings per Mail: Spongebob!), natürlich schon von unserer Tour mitbekommen hatte, und uns gleich noch einen Schlafplatz anbot, den wir nun leider ausschlagen mussten.
Fröhlich fuhren wir in Richtung Rhein, nur um vom Leverkusener Radwege- und Ausschilderungsnetz in den Wahnsinn getrieben zu werden. Liebe angehende Verkehrsplaner:innen - hier könnt ihr ein Beispiel dafür bestaunen, wie man es nicht macht.
Nachdem wir aus dem Labyrinth herausgekommen waren (was durch eine leichte Rechts-Links-Schwäche des designierten Navigators nicht unbedingt einfacher wurde), ging es durch Köln. Im Vergleich eine Wohltat, obwohl Köln in einem Fahrradfreundlichkeits-Ranking der Großstädte auf dem ehrenwerten 14. Platz landete - einen Platz hinter Dortmund, und von 14 untersuchten Städten.
In Köln besuchten wir kurz meine Kindheitsfreundin Hannah und ihren Freund Jonas. Hannah ließ es sich dann nicht nehmen, uns ein Stück zu begleiten, und ist dann natürlich auch ein paar Kilometer auf dem Tandem mitgefahren - leider ging es die ganze Zeit bergauf, aber Spaß gemacht hat es trotzdem!
Der Spaß bezieht sich allerdings auf die Zeit mit Hannah; das Fahren war keine Freude, ich hatte mir nämlich wegen des Sonnenbrands ein Langarmtshirt angezogen. Damit ist nicht gut bei schwül-sonnigen 27 Grad den Berg hochdüsen, das sag ich euch!
Trotz meines Jammerns, der Hitze und des erfolgreichen Versuchs Tilmans, nach 1500 absolvierten Liegetandemkilometern das erste Mal vorne zu fahren, kamen wir irgendwann in Neukirchen (Weilerswist) an. Auf der Karte kaum zu erkennen, kommt man auch mit dem Fahrrad mit ein Mal Luftanhalten fast durch den kompletten 150-Seelen-Ort.
Von diesen begrüßten uns dann allerdings 13 mit drei selbstgebackenen Kuchen und Getränken an einer schön gelegenen Wiese im Ortszentrum. Hier, wo früher eine Kirche stand (die es schon lange nicht mehr gibt), liegt jetzt die Wiese neben dem kleinen Dorfweiher, die idyllisch von zwei größeren Bäumen überwachsen wird.
Und dann war es einfach großartig: Eine Stimmung wie auf einem gemütlichen Familienfest, haben wir tolle (Karnevalsumzüge, Dorfvereine), spannende (Irrungen und Wirrungen des Bauamtes), lustige (eskalierender Abschied bei der Bundeswehr) und tragische (Überschwemmungen im Ort und in den Nachbarorten: eingestürzt Brücken, weggerissene Häuser, vollgelaufene Keller) Geschichten gehört, bis wir uns wie zu Hause fühlten und entschieden haben, einfach hier wohnen zu bleiben. Das wars also von der Neukirchentour, tschüß!
Nein, quatsch, aber wir haben uns schon entschieden, in Weilerswist zu bleiben, statt weiter nach Rheinbach zu fahren, was eigentlich der Plan gewesen war. So sind wir heute wirklich nicht weit gekommen, hatten aber einen wunderschönen, entspannten Tag mit sehr netten Menschen - und darum geht es ja eigentlich bei unserer Reise. Und außerdem bekamen wir noch ein leckeres Abendessen obendrein!
Wieder wird dieser Artikel unseren Erlebnissen und vor allem den Menschen überhaupt nicht gerecht. Hätte ich doch nur mehr Zeit dafür! Da es jetzt aber schon wieder unverschämt spät ist (besonders im Hinblick auf die von mir großspurig angekündigte, jetzt viel zu früh erscheinende Frühstückszeit), und weil Tilman mir schon wieder eine Stunde Schlaf voraus hat, sage ich an dieser Stelle gute Nacht! Und fahrt mal in Neukirchen vorbei, wenn ihr in der Nähe seid - da wohnen überall sehr nette Menschen!