Ab jetzt geht es nur noch Richtung Süden. Und durch unser geliebtes Schweden, was uns mit einem wirklich sonnigen Herbst willkommen heisst!
Ein grosses Ziel hatten wir in Nordschweden natürlich: Umea - die Stadt in der wir uns während des Erasmus kennen und lieben gelernt haben :)
Samstag 26.08.
Am Morgen verschwand das Zelt im Nebel. Die Schwaden waren so dicht, dass man kaum bis zum anderen Ende der Lichtung schauen konnte. Sehr mystisch!
Ein Wunder, dass wir alle Sachen wieder ordentlich einpacken konnten. Ab und zu begann aber die Sonne auch sich durch den Nebel zu kämpfen. Auf der Straße machte uns der Nebel mehr Sorgen. Insbesondere die finnischen Autos, aber alle schienen mit angemessener Geschwindigkeit zu fahren und vernünftig zu überholen. In Muonio angekommen, ging es nochmal zum Smarket Pfandflaschen abgeben und Vorräte wieder auffüllen. Als ich rauskam, war strahlender Sonnenschein und niemand hätte mir geglaubt, dass 10 Minuten zuvor noch dichter Nebel war. In Muonio gab es dann die Möglichkeit über die Brücke nach Schweden auf einer weniger befahrene Straße zu fahren. Das taten wir dann auch!
Wie sich herrausstellte, genau die richtige Entscheidung! Alle 20 Minuten sahen wir vielleicht ein Auto. Ansonsten Natur pur. Perfekte Straße und ab und zu ein paar gut erhaltene, schnuckelige Häuser. Obwohl wir immer noch einige Kilometer machten, so merkten wir doch, wie uns Schweden innerlich entschleunigt. Wir waren praktisch tiefenentspannt. Bei den ganzen schönen Pausenplätzen an Seen, die nicht zugebaut waren, den sanften Hügeln und endlosen Wäldern auch kein Wunder. Am Ende landeten wir mit unserem Zelt in einem dieser kleinen Wäldchen und hofften auf einen weiterhin klaren Himmel über Nacht. Vielleicht ergibt sich ja nochmal die Gelegenheit Nordlichter zu sehen?
Sonntag 27.08.
Wir wachten gemütlich am Waldrand auf dem Trampelpfad auf, wo wir gestern unser Zelt aufgebaut hatten. Die ersten Kilometer fuhren wir dann im Sonnenschein den Berg runter nach Pajala. Da es nicht viele Strassen gab, blieb uns nichts anderes übrig als der Strasse weiter nach Överkalix zu folgen. Zwischendrin passierten wir Wälder, Felder und richtig schöne kleine Dörfer. Die Schweden haben es echt drauf jedes noch so kleine Dorf mit einer Busverbindung zu bestücken und in einer vernünftigen Reichweite mindestens einen kleinen Supermarkt zu haben. Wir fuhren die Strasse weiter entlang und passierten abermals den Polarkreis. Jetzt waren wir wieder im Süden des Nordens oder im Norden des Südens. Kommt wohl darauf an, wen man fragt. Am Schild machten wir natürlich kurz Pause. Ich war ein bisschen wehmütig, weil die überquerung des Polarkreises auch bedeuten würde, dass uns keine süßen und verpeilten Rentiere mehr auf den Strassen begegnen. Ich werde sie und ihre Unschuld vermissen....
Am Schild selbst wurden wir dann von zwei deutschen, jungen Männern angesprochen, die es offenbar sehr eilig hatten. Der eine wollte gerne mit uns reden und der andere weiterfahren. Offenbar ballern sie einfach mit dem Auto durch Richtung Norden und müssen in ein paar Tagen auch schon wieder unten in Deutschland sein. Sehr sportliches Tempo!
Etwas weiter der Strasse folgend entschieden wir uns dann bald nach einem Schlafplatz Ausschau zu halten. Zuvor fragte ich allerdings noch bei einem Haus am Strassenrand, ob wir ein bisschen Wasser haben könnten. Es stellte sich herraus, dass die Bewohner Tschechen waren, die nur im Sommer in ihrem Sommerhaus in Schweden sind und gerade dabei sind alles fertig zu machen, damit sie morgen wieder nach Hause fahren können. Die Frau gab uns auch gleich noch zwei Stücke selbstgemachten Schokokuchen mit :-) Genug Zucker für die nächsten Kilometer. Wir fuhren in eine etwas versteckte Parkbucht rein. Hier waren, typisch nordisch, natürlich Plumpsklos und Feuerstellen. Vermutlich zum Fischen direkt am Fluss. Wir suchten uns einen netten Platz, wo man uns nicht so gut von der Strasse sehen kann, kochten in gutem Teamwork Essen mit dem Holzgasverbrenner und schliefen in aller Seelenruhe ein.
Montag 28.08.
Am nächsten Morgen war es auch garnicht mehr weit bis nach Üverkalix zum Supermarkt. Vorm COOP trafen wir dann zwei andere Radfahrer. Sie waren jünger als wir und sind aus Cottbus gestartet. Ihr Ziel ist das Nordkapp und sie wollen auf dem Weg Spenden sammeln für eine Aktion im Harz. Es klang ein bisschen, als wäre es deren ersten Tour. Insbesondere weil sie uns fragten wie wir das denn mit der Wäsche machen würden. Unsere Antwort: "Wir stinken". Waschen tuen wir dann ja meistens einmal die Woche, wenn wir bei Leuten sind. Der Norden war allerdings eine Ausnahme in vielerlei Hinsicht und so blieb das Waschen der Klamotten etwas auf der Strecke. Unterwegs gab es ja zum Glück den einen oder anderen See wo man mal kurz reinspringen konnte. Bisher waren wir nur auf der E45 unterwegs, aber hinter Üverkalix trifft die E4 auf die E45 und darauf hatten wir wirklich keine Lust auf die ganzen Autos, also versuchten wir so gut wie möglich die Strasse zu vermeiden und hatten auch gleich eine lustige Begegnung, als wir nach Wasser fragten. Wir kommunizierten auf schwedisch und englisch, aber der Herr war so begeistert von unseren Rädern, dass es schwierig war seine Konzentration übehaupt auf unseren Wassermangel zu lenken. Am Ende stellte sich herraus, dass er auch nur zu Gast in dem Haus war und in heller Aufregung über die Räder holte er seinen Freund aus dem Haus, der uns dann Wasser gab und die Räder bewundern musste. Schon knuffig diese Schweden!
Obwohl wir versuchten die grosse Strasse so gut es ging zu vermeiden, mussten wir sie dann doch für 10km nehmen... Es war sicherlich nicht die schlimmste Strasse auf der wir waren aber auch nicht die schönste. Vorallem im Regen.
Zum Glück war die nächste Ausfahrt ja auch nicht weit und wir mussten uns erstmal auf eine Bank setzen und uns von dem ungewohnten Stress erholen. Und schon kam der nächste Radfahrer angeradelt. Michel aus Hamburg. Offenbar macht er häufig Fahrradurlaub in Skandinavien und kannte sich bestens aus. Wir verstanden uns auf Anhieb mega gut mit ihm und wenn wir in die gleich Richtung gefahren wären, dann hätten wir ihn vermutlich auch noch ein paar Tage begleiten können ohne dass uns die Gesprächsthemen ausgehen. Schade nur, dass wir in unterschiedliche Richtungen fuhren. So mussten wir uns dann leider früher oder später verabschieden. Wir Richtung Lulea, er Richtung Üverkalix. Durch das mittelgrosse Intermezzo schafften wir es auf keinen Fall mehr so weit wie wir eigentlich wollten, aber das ist auch nicht weiter schlimm... Am Ende landeten wir in der Nähe von einer Antenne bei einem Semi guten Schlaplatz. Aber immerhin sicher und so gut, dass das Zelt den nächtlichen Regen aushalten würde.
Dienstag 29.08.
Wir wachten relativ früh auf, entschieden uns dann allerdings dazu den Regenschauer noch abzuwarten. Hetzen tut uns ja keiner. Nachdem der Himmel wieder halbwegs trocken war fuhren wir die 30km nach Lulea rein und kamen an richtig schönen und lebenswerten Stadtviertel vorbei. Offenbar auch an einem alten, gut erhaltenen Dorf etwas ausserhalb der Stadt. In Lulea hatten wir eine Sache auf unserem Plan: Das Planetarium im Science Center der Uni. Ich hatte mich bereits ein paar Tage zuvor per Telefon angekündigt und Mia empfing mich herzlich. Später erfuhr ich, dass sie gerade im Umbau waren und in zwei Tagen wieder öffnen wollten. Umso mehr weiss ich die Zeit zu schätzen, die sie sich für uns nahm!
Das ganze Science Center in Lulea ist mal wieder ein gutes Beispiel für die Kunst der Schweden Ausstellung cool zu gestalten. Es gab zwei Etagen, wobei man in der Mitte der unteren locker auf die obere schauen konnte. Von unten sah man dann auf der linken Seite die Berge, wo der Bergbau etc. erklärt wird und auf der rechten Seite gab es dann das Meer mit Hafen und allem was dazu gehört. Verbunden werden die beiden Teile mit einem künstlichen Fluss. Und schon hat man eine kleine Version von Norbotten, dem nördlichsten Bundesland Schwedens. Genial, oder? Aber damit war es natürlich noch nicht getan. Im Hafen werden ja viele verschiedene Güter von Schweden in die Welt verschifft und jedes einzelne wir nochmal extra erklärt. Im oberen Teil wird dann was zur Essensproduktion gezeigt. Von Bienen bis Kühe über die allgemeine Ernte. Man wird durch eine Art Tunnel geleitet und kommt am Ende beim Restaurant raus! Ausserdem befindet sich oben noch das kleine Planetarium, welches erst vor kurzem einen neuen Projektor bekommen hat. Cool fand ich, dass sie eine fest installierte Skyline von Lulea am Rande des Planetariums hatten und dass sie auch viel Wert auf Interaktion mit dem Publikum legen. Bei der Grösse bietet sich das auch an. So viele Menschen passen da nicht rein. Sie zeigte mir auch eine ihrer Shows, wo ein Bär mit seiner Blume durch das Weltall reist, die verschiedenen Himmelskörper besucht um zu sehen ob seine Blume dort überleben könnte. Bis auf einen Song zum merken der Planeten wird in dem Film allerdings nichts gesprochen sondern der Vorführer animiert die Kinder und Eltern dazu an der Show teilzunehmen. Endlich mal keine überanimierte Produktion sondern ein Format, welches tatsächlich die Fantasie der Kinder anregt! Mia und ich verstanden und so super, dass die Zeit nur so verflog. Zwischendring gab es dann noch einen kurzen Foto Termin mit der PR Managerin und dann musste Mia sich leider schon verabschieden, weil sie echt noch viel Arbeit vor sich hatte. Die Zeit im Planetarium und in dem ganzen Center habe ich sehr genossen und mich super darüber gefreut, dass Mia sich die Zeit für mich genommen hat!
Beim rausfahren aus der Stadt machten wir nochmal beim Lidl halt, wo wie selbstverständlich eine Fahrradpumpe davor war und Stationen wo man während des Einkaufes die Batterien der E-bikes laden konnte. Statt der E4 folgten wir nun einem Misch aus dem "Sverigeleden" und dem "Cykelsparet" und vollführen dabei einen Tanz um die E4 herrum. Dabei geht es durch kleine Dörfer, wie sie im schwedischen Bilderbuch so stehen und obwohl wir wieder nicht die Kilometer machten, die wir wollten, waren wir ganz zufrieden mit dem Tag und unserem Schlafplatz und hofften wieder auf Nordlichter am Abend. Vielleicht haben wir ja Glück!
Mittwoch 30.08.
Das mit den Nordlichtern wird wohl nichts mehr... Entweder haben wir Wolken oder wenn keine Wolken da sind, haben wir gerade leider einen ziemlich vollen Mond, der es unmöglich macht die schwachen Polarlichter zu sehen.
Dafür konnten wir tagsüber viele coole kleine und schnuggelige Dörfer sehen. So stellt man sich das idyllische schwedische Landleben vor! Es blieb weiterhin hügelig und während ich mit Sonja telefonierte fanden wir an einem Rastplatz sogar eine Art Sandkuhle wo definitiv Leute ihren Spass mit Quads und Motorrädern hatten.
Wir haben anscheinend auch echt Glück mit dem schwedischen Herbst, denn er beschenkt uns mit ziemlich vielen sonnigen Tagen. So wie heute auch wieder. An einer der kleinen Strassen an denen wir entlang fuhren, fanden wir einen richtig schön ausgebauten Stellplatz, der sicher auch ein schöner Zeltplatz gewesen wäre! Direkt am See mit einem kleinen Steg zum Badengehen, Plumpsklo und gemähtem Rasen. Zwei Camper scheinen es sich auch schon bequem gemacht zu haben da und wir schauten den Kampf der Schwäne mit den heimischen Enten auf dem See in sicherer Entfernung zu. Ein lustiges Naturschauspiel!
Auf dem Weg kamen wir übrigens an vielen Seen vorbei und in einer der Städte waren sie sogar so nett eine eigene Fussgänger und Fahrradbrücke über den See zu baue - etwas abseits der lauten Autobrücke.
Gegen Abend, als es schon anfing zu dämmern fuhren wir durch ein Dorf mit dem lustigen Namen "Slut". Da unser Wasser sich wieder dem Ende neigte fragten wir auf schwedisch/englisch einen Herren, der gerade seine Garage abschloss. Der ging schnell ins Haus und holte seine Frau, die besser Englisch konnte. Die kam nicht nur mit unseren gefüllten Wasserflaschen wieder sondern auch mit einem ganzen Korb voller selbtgezogener Tomaten. Da konnten wir nicht Nein sagen und nahmen ein paar als Snack für zwischendrin an. Die beiden waren mega süss und auch super interessiert.
Irgendwann ging es dann für uns aber weiter und mit der Tomatenenergie schafften wir es sogar bis zu unserem angepeilten Ziel: Einem See mit Platz vorne weg, so dass wir hofften dort irgendwo unser Zelt aufstellen zu können. Es war noch etwas mehr los als wir gehofft und gedacht hatten, aber wir versteckten uns einfach etwas weiter hinter zwischen den Bäumen und Büschen. In der Dunkelheit sieht man uns da hinten eh nicht so gut. Zum Abendessen gab es mal wieder etwas schnelles warmes und seit kurzen haben wir Kartoffelbrei für uns entdeckt. Super lecker und einfach und schnell zu machen!
Donnerstag 31.08.
Endspurt nach Umea! Obwohl es den ganzen Tag immer mal wieder auf uns pieselte verdarb und das keinesfalls die Laune! Die Strecke bis kurz vor Umea war sehr entspannt, bis wir plötzlich auf eine Strasse kamen wo es irgendwie alle seeehr eilig hatten. Vielleicht weil Feierabend war? Wer weiss... Es war auf jedenfall ein krasser Kontrast zu dem doch entspannten fahren bisher in Schweden.
Zum Glück fanden wir noch einen anderen Fahrradweg, der uns abseits der Strasse in die Stadt führte. Auf dem Weg schauten wir natürlich für Tilman nochmal beim Magic Kartenladen vorbei. Ein ziemlich grosser allgemeiner Spieleladen mit einer Unmenge an coolen Spielen und Puzzeln!
Gegen 19:00 trudelten wir dann bei Filip ein, der sich auch sehr zu freuen schien uns wieder zu sehen. Für alle die es nicht wissen: Filip und wir hatten zusammen ein Laborprojekt vor 5 Jahren in Umea, was uns echt zusammengeschweisst hat. Während dieser Zeit sind übrigens Tilman und ich auch erst zusammengekommen :-)
Nachdem wir uns geduscht hatten, ging ich mit Filip in den ICA um Tiefkühlpizza zu holen. Die "Freuden eines normalen Lebens". Bei Pizza und Pommfrit holten wir erstmal auf, was die letzten 5 Jahre alles so bei uns passiert war und es fühlte sich an, als hätte es die 5 Jahre dazwischen garnicht gegeben!
Freitag 01.09.
Am Freitag Morgen frühstückten wir gemeinsam mit Filip bis dieser leider zur Arbeit musste. Danach kümmerten Tilman und ich uns um unsere Wäsche, die es dringend nötig hatte eine Waschmaschiene von Innen zu sehen. Das coole ist, dass in staatlich vermieteten Wohnungen in Schweden häufig Waschmaschinen und Trockner geteilt werden und man sich nur in eine Liste einschreiben muss. In meiner Welt ein sinnvolles Konzept, weil dann nicht jeder eine Maschiene rumstehen hat, die eh nur einmal die Woche angeschmissen wird. Also warteten wir bis alles fertig war und gingen dann in die Stadt um zu sehen, was sich in 5 Jahren alles so verändert hat. Die Radwege sind zum Glück immernoch die selben, sodass wir problemlos unseren Autofreien Weg in die Stadt fanden. Dort schlenderten wir ein bisschen rum, gingen am Wasser entlang und gönnten uns von Lenas gesponsertem Geld einen Kakao und Gebäck in einem Cafe in der Bibiliothek, was ich noch in guter Erinnerung hatte.
Natürlich durften ein Abstecher nach Alidhem und die Uni nicht fehlen. Am Abend trafen wir dann wieder bei Filip in der Wohnung ein und bereiteten alles für den schwedischen Taco Friday zu (ja das ist ein Ding hier!), während Filip seine Freundin Leila vom Flughafen abholte.
Zu viert assen wir dann viel zu viel schwedische Tacos und es blieb trotzdem noch eine Menge übrig, so dass wir vermutlich am nächsten Tag noch von zehren können. Leila ist eine super coole und intelligente Frau und wir haben uns richtig gefreut sie kennenlernen zu dürfen. Eigentlich wollten wir zusammen noch ein Spiel spielen aber - wie immer - verquatschten wir uns bis es viel zu spät war um noch ein neue Spiel anzufangen.