Am Freitag fuhren wir nun los mit Minimalgepäck in Richtung Brüssel. Und bei 30+ Grad machten wir in fast jedem der spärlich vorhandenen Schatten eine Pause, fragten die wenigen Leute, die draußen waren ständig um Wasser und cremten uns immer wieder ein.
Belgien zeigte sich von einer ganz anderen Seite, denn es wurde nicht nur viel hügeliger als unsere erste Durchfahrt im Norden, sondern auch windig. Mit seinen Straßendörfern war es auch nicht besonders landschaftlich attraktiv und aus Fahrradwegen wurden die mir altbekannten Trainingspisten zum Seiltanzen.
20km vor Brüssel fingen wir dann an, nach Fritten zu suchen, doch wirklich jeder Bude hatte geschlossen und die einzige, die nicht zu war, hatte eine dementsprechend lange Schlange. Nachdem wir dann gefühlt auch wirklich jeden Hügel hoch und runter gefahren sind, fanden wir kurz vor unserer Bleibe für die Nacht doch noch einen Imbiss und zogen uns etwas trockene Pommes in den Magen. Bei Gesa und Mia angekommen, fielen wir eigentlich nur noch direkt ins Bett.
Samstag morgens wurden wir noch mit einem Frühstück beglückt und dann ging es weiter auf die Straße, denn wir hatten schließlich 140km vor uns. Wie an den meisten Streckentagen gibt es hier nicht viel zu berichten. Da es auch an diesem Tag heiß war, war ich neben der Navigation und Fahrtrichtungsanzeige auch als Wasserspender mit Trinkerinnerungsfunktion im Einsatz. Und dann erreichte uns die Nachricht, unser Gepäckträger sei schon in Lille angekommen. Naja fast. Wie wir schon am Telefon zu klären versucht hatten, war die Adresse falsch (in Frankreich sind die Adressen 123 Musteradresse, was mit dem Formular zu Musterstraße 0 geführt hat). Damals meinte die niederländische Post, man müsste erst ein "Adresse existiert nicht" abwarten, bevor man mit einem zweiten Versuch die richtige Adresse probieren könnte. Unpraktischerweise wurde dann aber direkt zu Abholung aus einem Laden gewechselt. So unpraktisch ist es doch gar nicht, denkt ihr bestimmt. Naja, wie sich später herausstellen würde, brauchte Colis Prive bis zum Donnerstag, um das Paket den einen Kilometer bis zum Shop zu bringen, was in etwa so schnell ist, wie eine Schnecke.
Aber wir waren erstmal unbeschwert und beschäftigten uns eher mit dem Höhenprofil vor uns, bis uns auffiel, dass wir ab Maastricht in den Niederlanden sein werden! Und so genießen wir es nochmal auf vernünftigen Radwegen, die auch als solche bezeichnet konnten, den Berg hochzufahren zu können.
In Aachen holten wir dann noch kurz den Schlüssel von Eles Haus ab, kauften ein und duschten, kochten und aßen in ihrer Wohnung.
Am Sonntag teilten sich dann Idas und meine Wege zum ersten Mal seit mehr als einem Monat: Ida fuhr mit dem 9€ Ticket nach Hause zu ihren Eltern, um unsere beiden großen Packtaschen gegen zwei kleinere zu tauschen, um eben einem zweiten Bruch gleich vorzubeugen. Wie eine Fahrt mit der DB mit dem Titel zusammenhängt, kann wohl jeder, der mal Zug gefahren ist, verstehen. Doch auch in solchen Situationen gibt es positive Momente. Denn Ida machte zwischen zwei verspäteten Zügen Bekanntschaft mit einer netten Chemielehrerin im Ruhestand, die nicht nur mit Ida ihr Leid teilte, sondern auch ihren Geheimtipp für Döner in Aachen.
Währenddessen traf ich mich mit Freunden, die noch in Aachen wohnten und holte ein zweites Paar Packtaschen ab. Wie der Titel verrät, lief auch hier nicht alles ganz sauber, allerdings dieses Mal aber eher auf der lustigen Seite. Statt % Cruz Santiago ist beim Buchstabieren wohl etwas schief gegangen und so heißt Ida nun wohl etwas anders.
Nachdem wir am Montag noch einen schönen Abend bei Ele verbrachten, ging es Dienstag für uns wieder zurück über dieselbe Strecke, dieses Mal endlich mit einem Belgischen Grenzschild.
Jetzt konnten wir die gesamten Höhenmeter wieder runter, doch die Sonne und ein leichter Gegenwind blieben. Da wir die Strecke schon kannten, umfuhren wir unangenehme Stellen und waren schon gegen 7 bei Kobe und Katrien. Die beiden sind vor ein paar Jahren ungefähr die selbe Strecke gefahren, die wir später vor uns haben werden und so durchlöcherten wir sie mit Fragen, während wir die Burger aßen, die die beiden netterweise für uns vorbereitet hatten.
Am nächsten Morgen sahen wir Katrien leider nicht mehr, da sie früh morgens mit dem Zug in eine andere Stadt gefahren ist. Nach dem Frühstück mit Kobe merkten wir dann, dass der Entschluss uns auf den Regenradar in Lille zu verlassen, ein schlechter war, denn draußen regnete es. Aber Spaß machts nur, wenns schief läuft und bald radelten wir mit neuen selbstgemachten Regenjacken durch Brüssel, wo ich einen Mülleimer mit dem selben Outfit entdeckte.
[Anmerkung Transkriptor: dieses Bild trägt den Titel "Wir sind Müll". Fand ich lustig, wollte ich euch nicht vorenthalten :)]
Doch auch die vermutlich fantastische Wassersäule wollten wir nicht ausreizen und so stellten wir uns bei einem besonders starken Schauer für eine Stunde unter und genossen den Regen mal aus dem Trockenen.
Mal nasser und mal trockener gab es dieses Mal ein paar Umwege, um Radwege, die wir auf dem Hinweg schön fanden, länger zu fahren. Und dann waren wir selbst überrascht, als wir in Frankreich waren. Natürlich sahen wir auch bei der dritten Grenzüberquerung kein Schild, doch die Radwegbeschilderung änderte sich.
Die zweite Einfahrt nach Lille war eine viel schönere und ist jedem zu empfehlen, der selber mal hier lang fährt (einfach dem Canal de Roubaix folgen!).
Und damit sind wir dann heute und ab morgen geht es dann hoffentlich mit unserer normalen Route weiter!
Bevor wir mit einem Meme abschließen, mit dem wir unsere Moral hochbehielten, nochmal einen großen Dank an Gerrit vom Ligfietsshop, der trotz Urlaub unser Paket direkt am nächsten Tag losgeschickt hat!
Und nun für euren Astronomieunterricht übergebe ich an Ida:
Da wir immer noch laue Sommernächte vor uns haben, stelle ich euch diese Woche das Sternenbild Schwan vor.
Wer in den letzten Einträgen gut aufgepasst hat, der weiß bereits, dass sich dieses Sternenbild im gut sichtbaren Sommerdreieck wiederfindet. Der Schwan bildet ein markantes Kreuz am Sternenhimmel und ist auch gut als ein Schwan erkennbar. Die Mythologie hinter dem Sternenbild ist nicht ganz eindeutig. Eine der bekanntesten Geschichten ist die, wie Zeus in Gestalt eines Schwans die spartanische Königin Leda verführte und mit ihr ein Zwillingspaar zeugte: Castor und Pollux, welche auch namensgebend für die Sterne der Konstellation Zwillinge waren. Außerdem ist das Sternenbild auch für die extraterrestrische Forschung sehr bekannt.
Das Weltraumteleskop Kepler richtete sein Sichtfeld auf eine Region im Schwan und suchte dort nach Exoplaneten, also Planeten um andere Sterne. Insgesamt wurden mit Kepler 530.506 Sterne und 2.662 Planeten erforscht. Einer von denen ist Kepler 16b, welcher nicht nur eine, sondern gleich zwei Sonnen umrundet!
[Credit: NASAIJPL-Caltech]
See you later, Alligators!
Tilman & Ida