Oft muss man ja beim Touren auf ein bisschen Luxus verzichten, doch diese Woche hatten wir das Gefühl einfach mit Luxus überhäuft zu werden! Estland ist so schön, reich an Natur und die Menschen so herzlich!
Samstag 22.07.
Mal wieder wurde es sehr früh warm im Zelt und die Sonne schien durch die Lüftungsschliztze hinein. Nach dem wechselhaften Wetter, war es mal wieder schön die Sonne zu sehen! Dementsprechend trödelten wir auch ein bisschen und verabschiedeten uns noch vom Opi, der Zuhause die Stellung hielt.
In einem kleinen Ort steuerten wir eine Bibiliothek an um Bilder hoch und Videos runterzuladen. Leider hatte sie zu - aufgrund von Ferien, gab es veränderte Öffnungszeiten. Immerhin gab es ein bisschen WLAN davor und so begnügten wir uns damit vor dem Eingang zu sitzen und die Sonne zu genießen. Schade, denn die Bibiliothek sah echt sehr modern und gemütlich aus!
Als wir weiterfuhren, trafen wir schon bald auf den Eurovelo 13, der uns zu der Naturattraktion führte, die uns Liane ein paar Tage zuvor empfohlen hatte. Veczemju klintis ist eine spezielle Felsformation an der lettischen Küste. Der Weg dahin war mehr als beschissen und wir wurden gut durchgeschüttelt! Wir fanden dann einen überfüllten und überteuerten Campingplatz vor und leider zerstörte Natur. Überall waren wohl Leute der Meinung gewesen ihre Initialien in diese Jahrtausende Alten Steine zu ritzen und sie damit für die Nachwelt zu zerstören. Manche Formen des Tourismus können wir echt nicht verstehen!
Ein bisschen traurig verließen wir den Platz wieder, wurden aber durch eine leere, fast Autofreie Straße/Weg direkt entlang der Küste wieder aufgeheitert. Die Krönung war dann, als wir einen anderen Lastenradfahrer trafen, der gerade von seiner Tour aus dem Norden zurück kam. Ein Niederländer, Stan, mit Omnium Rad. Hätte das Grollen der großen schwarzen Wolke im Hintergrund uns nicht unterbrochen, so hätten wir wohl noch ewig weitergequatscht!
Für ihn ging es Richtung Camping und für uns Richtung Estland. Nachdem wir endlich von der großen Straße weg waren, wurde es ruhiger und je näher wir der Grenze kamen, desto mehr veränderten sich die Häuser. Estland hat es uns schon vor der Grenze angetan!
Die letzten Kilometer bis zu einem freien Campingplatz am der Küste verflogen nur so und wir schafften es unser Zelt noch rechtzeitig vor dem Regen aufzubauen!
Sonntag 23.07.
Als wir morgens aus dem Zelt gingen um die Komposttoilette zu besuchen, stellten wir fest, das wir unser Zelt gestern Abend direkt in einem Ameisenhaufen aufgebaut hatten. Sehr großen Ameisen, denen es offenbar Spaß macht uns anzupinkeln.... Also Zeit das Zelt umzuziehen.
Da unsere eine Powerbank langsam leer war, ging Tilman zu unseren deutschen Zeltnachbarn und fragte, ob wir einmal laden dürften. Es stellte sich raus, dass Julia, Gabrielle und der kleine Levi einfach die besten Campingnachbarn überhaupt sind und so saßen wir noch eine ganze Weile da, quatschten und nahmen die Einladung für ein abendliches Grillen gerne an. Wir hatten nämlich entschlossen an diesem schönen Ort einfach mal einen Tag Pause zu machen.
Den genossen wir auch und schlenderten am Strand entlang und bauten eine kleine Sandburg. So schön kann das Leben sein! Vorallem das wir uns ins trockene Zelt kuscheln konnten, als der angekündigte Regen anfing.
Danach sorgte Tilman für die Kinderbespaßung mit Levi und gemeinsam grillten wir noch Spieße und Kartoffeln mit unseren Nachbarn am Feuer. Einfach ein richtig schöner Abend!
Montag 24.07.
Meeresrauschen und Möwengeschrei am Morgen Irgendwie leben wir diese Woche ein sehr dekadentes Leben!
Wir bauten gemütlich unser Zelt ab und fuhren die Räder zu unseren aller liebsten Campingnachbarn. Die waren, vermutlich dank Levi, schon auf den Beinen. Wir aßen ein bisschen Frühstück und ich bekam sogar noch einen Kaffee ab - so ein Luxus :-)
Gegen Mittag machten wir uns auf. Schön entspannt den Eurovelos 10 und 13 folgend (ja wir können es auch kaum fassen - sehr gute Eurovelos!), machten wir super schnelle Kilometer. Auf der Straße trafen wir dann noch ein paar Fahrradfahrer, die in mehreren Etappen jährlich die eine oder andere kleine Strecke zurücklegen um in ein paar Jahren die Ostsee einmal umrundet zu haben.
Früher als gedacht kamen wir in Pärnu an. Was wir da wollen? Ein Planetarium besuchen natürlich! Das Planetarium war eingebettet in einem ganzen Wissenschaftshaus. Überwiegend waren Naturexponate ausgestellt und im Gepspräch mit der Frau für Öffentlichkeitsarbeit, die mich rumführte, erfuhr ich auch, dass sie weniger Astronomieinhalte zeigen sondern eher lehrreiche Filme über die Natur und den Körper. Der gesamte Aufbau vom Planetarium war auch eher der eines Kinos. Die Sitze waren in gerade Reihen angeordnet und auf eine Wand ausgerichtet. Die Frau meinte auch selbst, dass es eher ein 180° Kino ist als ein Planetarium. Die Ausstellung drumherum lohnt sich dennoch - falls ihr auch auf den Geschmack von Estland gekommen seid!
Im Anschluss an das Planetarium ging es dann erstmal zum Lidl. Unsere Vorräte haben sehr lange gereicht und wir haben sogar noch ein paar Dosen übrig! Trotzdem wollten wir wieder mal etwas frischeres Essen und verdrückten vorm Lidl ein paar von den kleinen Leckerbissen aus dem Kühlfach. Plötzlich kam eine Lady auf uns zu und drückte mir 10€ in die Hand. Wir wollten versuchen das Geld freundlich zurück zugeben und ihr zu erklären, dass wir genügend gespart haben, aber davon wollte sie nichts hören und sagte nur freundlich: kauft euch was zu trinken davon!
Wir bedankten uns überschwinglich und als sie wieder zu ihrem Auto ging, ließ sie uns einfach sprachlos zurück...
Frisch aufgetankt und immer noch ungläubig, was gerade passiert war setzten wir unseren Weg Richtung Tallin fort. Wenige Kilometer und noch mehr Tage. Also nahmen wir es entspannt und steuerten einen von den RMK Plätzen an. Davor ging es allerdings wieder auf unbefestigten Straßen durch Wälder. Es waren sehr gut zu fahrende Schotterwege und schwupps waren wir schon an der Hütte, wo bereits ein Wanderer Unterschlupf gefunden hatte. Da wir unser eigenes Zelt hatten, war das natürlich kein Problem. Sehr langsam wurde es um uns herrum dunkel, doch wir saßen noch lange draußen und sahen dem Feuer beim lodern zu.
Dienstag 25.07.
Da wir irgendwie eh wieder zu schnell waren und sehr viel Zeit für die letzten Kilometer hatten, blieben wir einfach noch eine ganze Weile im Zelt liegen. So richtig aufgeweckt wurden wir erst, als ein Auto vor unserem Zelt hielt. Mitarbeiter von RMK, die das Holz auffüllten und die Toilette einmal ausfegten - sehr nett!
Da es heute den ganzen Nachmittag schütten sollte, machten wir uns irgendwann auf die Socken und fuhren eine Schotterpiste (viel besser als in Lettland!) wieder zur richtigen Straße. Wie im Wetterbericht angekündigt, fing es irgendwann an zu nieseln und dann immer stärker zu Regnen und wir suchten Unterschlupf in einer Bushaltestelle. Die Bank hätte gerne ein Brett breiter sein dürfen, aber man beschwert sich ja nicht, wenn man schon im trockenen ist. Die Zeit bis zum Ende des Regens (was ein paar Stunden dauern sollte), vertrieben wir uns mit schlafen, quatschen und Minecraft schauen.
Normalerweise warten wir ja nicht so lange auf den Regen, aber da wir eh zu schnell waren und es am Abend trocken sein sollte, sahen wir keinen Sinn darin jetzt nass zu werden. So dachte eines der Autos übrigens nicht, dass uns passierte, als wir wieder losfuhren. Obwohl die Straße so frei war, wie sie nur sein konnte, kam er ziemlich nahe, fuhr mit Schwung durch die größte Pfütze der Straße und entlud einen Schwall Wasser über uns. Wir hoffen mal ganz stark, dass es ein Versehen war, ansonsten würden wir dafür den Preis für die arschigste Aktion des Jahres vergeben.... In Rapla steuerten wir einen Coop an, in der Hoffnung auf einen Unterschlupf, da es wieder zu regnen begann. Beim zweiten Supermarkt wurden wir dann fündig. Draußen aßen wir dann ein paar Snacks und schauten dem Regen zu als ein Mann auf uns zu kam und mit uns ein Gespräch anfing. Wir verstanden uns sehr gut. Als er unsere Snacks sah, kam er zu der Schlussfolgerung, dass wir uns offenbar nur von "Junkfood" ernähren und schenkte uns gleich noch eine Packung Pralinen für den Weg - sehr nett diese Esltänder :)
Von Rapla aus nahmen wir gut ausgeschilderte Fahrradwege zum nächsten RMK Platz, den wir heute für uns alleine hatten. Wir starteten erstmal das Feuer, was garnicht so einfach war mit halbnassem Holz, aber am Ende brannte das Feuer und wir hatten sogar mal wieder eine warme Mahlzeit - Buchstabennudeln mit Tomatensoße :)
Mittwoch 26.07.
Irgendwie lernen wir Estland zu lieben und würden jedem empfehlen dieses Land einmal zu besuchen! So viele Wälder und größtenteils entspanntes Fahrradfahren - ein Traum!
Heute hatten nur circa 50 km bis zu unserem Bewelcome Host Peter in Tallin, als chillten wir wieder viel, aßen gemütlich Frühstück, packten das Zelt ein und fuhren weiter. Die letzten Kilometer nach Tallin rein gingen am einer relativ befahrenen Straße entlang - und ratet mal was: es gab einen perfekt asphaltierten Fahrradweg direkt daneben! Deutschland dürfte sich da gerne mal eine Scheibe von abschneiden... unser erstes Ziel war ein Laden, den Tilman rausgesucht hatte und Solarzellen verkauft. Wir spielen schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken für den Norden eine Solarzelle zum laden für die Powerbanks zu besorgen. Schließlich rechnen wir damit, dass es nicht so viele Hosts geben wird und auch weniger Stellen zum laden. Einfach ein bisschen mehr Unabhängigkeit. Und wie das so ist, wenn man Student ist, man sucht sich die günstigste Lösung. Es gibt nämlich viele relativ teure "Reisesolarzellen" oder man kauft sich einfach eine "normale" und macht die Verkabelung in Handarbeit. Da wir eh die Platz auf dem Lastenrad haben, entschieden wir uns für letztere Option.
Jetzt haben wir also eine Solarzelle :)
Nach dem Kauf hatten wir immer noch mehr als genug Zeit übrig bis Peter von der Arbeit kam. Was macht man mit so viel Zeit? Genau: dem Motto der Woche folgen und dekandent am Strand sitzen, einen alk. freien Mojito vom Lidl schlürfen, Créme Burleé essen und den Kitesurfern beim surfen zusehen.
Peter und seine Frau Mo trafen wir danach bei denen im Garten an und verstanden uns auf Anhieb! Mo zauberte ein richtig leckeres Abendessen und nachdem es Draußen etwas frischer wurde, setzten wir uns nach drin und quatschten noch bis in die Nacht hinein. Bei Peter und Tilman hatte ich das Gefühl, dass sich da wirklich zwei gefunden hatten! Zwei ITler und Tüftler, die nicht mehr aus dem Ideenschmieden rauskamen - ein sehr amüsanter Abend!
Donnerstag 27.07.
Peter weckte uns mit Tee im Zelteingang. Das veranlasste uns natürlich rauszugehen und ihm beim frühstücken Gesellschaft zu leisten. Dann waren es also Peter, Mo, Tilman ich und die Katze.
Nachdem wir so erwachsene Sachen gemacht haben wie die Wäsche zu waschen und aufzuhängen gingen wir in die Innenstadt von Tallin. Zuerst mussten wir, sehr imposant durch ein Burgtor gehen. Ziemlich direkt auf die große Kirche zu. Sehr orthodox, wie wir nach unserer Zeit in Rumänien beurteilen können. Die Alstadt erstreckte sich vom Berg bis fast hin zum Hafen. Wir durchquerten sie um zum Planetarium im Energiezenter zu kommen. Leider waren die Empfangsdamen nicht allzufreundlich. Man könnte sogar sagen, sie waren ein bisschen dolle unhöflich und so verließen wir etwas traurig wieder diesen Ort. Vielleicht muss man nach der Ferienzeit nochmal vorbeikommen?
Langsam meldete sich auch mein Magen, aber die schiere Anzahl von Restaurants, Cafés und Menschen fühlte sich in dem Moment einfach zu überwältigend an und wir fragten einfach Peter, was er uns empfehlen würde. Also gingen wir, Peters Empfehlung folgend in einen Irish Pub und bestellten das Gericht des Tages. Normalerweise gehen wir ja nicht Essen, aber wenn es einen guten Zeitpunkt gibt, dann wahrscheinlich jetzt, bevor wir Skandinavien betreten.
Mit vollen Mägen kugelten wir durch die Stadt und versuchten auf dem Rückweg noch neue Blätter für die Drohne und Magic Karten zu bekommen. Leider beides ohne Erfolg. Dafür kochten wir am Abend leckere Chiles en Nogada und Tilman tüftelte mit Peter aus, wie wir am besten die Solarzelle auf dem Lastenrad befestigen. Mal wieder ein sehr spannender Abend, der viel zu früh Zuende ging.
Freitag 28.07.
- Der Tag an der wir die Ostsee überqueren. Der Tag, an dem der Norden beginnt. -
Zunächst einmal nahmen wir ein gemütliches Frühstück zusammen mit Peter und der Katze ein. Krass wir idyllisches der Garten so nah am Stadtzentrum sein kann! Bevor es zum Fährterminal ging, sammelten wir noch ein bisschen Sand für unsere Kollektion ein und erreichten den Hafen pünktlich, wie geplant. Die Dame am Schalter war ziemlich verwirrt über das Lastenrad und musste erstmal etwas telefonieren, bevor sie uns die Tickets gab. In der Schlange für die Räder unterhielten wir uns natürlich noch mit den anderen und bekamen sogleich ein paar Tipps für Finnland :-)
Als die Fähre endlich los fuhr, hatten wir uns einen schönen Platz auf dem Sonnendeck gesichert. Melancholie und Vorfreude mischten sich bei der Ausfahrt aus dem Hafen Tallins. Irgendwann wurde der Wind zu stark und wir gingen rein. Da war vielleicht was los! Wir schauten z.b. eine älteren Paar belustigt zu, wo die Frau schon sehr gut einen im Tee hatte und kaum noch ihre 5 Kisten Alkohol auf dem Sackkarren schieben konnte.
Die Einfahrt nach Helsinki hätte spektakulärer auch nicht sein können! Wir fuhren durch die vielen kleinen Inseln und hatten sogar den besten Ausblick auf die Haupttouriinsel. Jetzt beginnt also unsere "Nordtour". Verrücktes Gefühl!
Als wir in Helsinki von Bord fuhren, folgten wir der Hafenlinie und landeten irgendwie direkt beim Planetarium ein Zufall?
Es handelte sich hier um einen Zusammenschluss vom astronimischen Museum der Uni und der finnische Astronomiegesellschaft.
Die Leute am Empfang waren super lieb und freuten sich richtig über meinen Besuch. Ich sprach mit Paula und sie zeigte mir ganz enthusiastisch deren System. In einem Gewölbe wurde eine kleine Kuppel aufgebaut die vom amerikanischen Starlab System zu einem Planetarium gemacht wurde. Das erste Mal, dass ich ein solches Sydtem gesehen habe. Offenbar steckt es leider voller technischer Tücken, aber es ist zumindest ein bezahlbares System und ich finde es kommt auch immer starkt auf die Leute and, die die Show machen. Paula zum Beispiel strahlte so einen Enthusiasmus aus, dass es unmöglich war bei ihrer Show nicht begeistert zu sein!
Nach dem Planetarium bekamen wir das typische Helsinki Wetter ab: Regen. Also schauten wir uns die Stadt nur sehe kurz an und fuhren auf richtig guten Fahrradwegen zu Allu, unserem Warmshowerer, in die WG. Helsinki ist übrigens cool, weil überall noch große natürliche Gesteinsbrocken rumliegen. Gibt dem ganzen irgendwie einen gewissen Charme.
Allu stellte sich als richtig cooler Host raus! Super entspannt und die am besten organisierte und Fahrradverrückte WG, die ich je gesehen habe!
Zum Abendbrot gab es selbstgemachte Pizza und als wir einschliefen, konnten wir garnicht fassen, dass wir jetzt den Norden erreicht haben.