Jeden Abend denke ich mir: wow, heute ist aber schon wieder viel passiert!
Und jeden Morgen denke ich mir: wow, da habe ich gestern aber viel unter den Tisch fallen lassen!
So ist das, wenn man Schlaf und Blog unter einen Hut bringen will. Mal gelingt mir dieser Spagat besser, mal schlechter; heute zweiteres. Doch vielleicht schaffe ich es durch die bleierne Müdigkeit auch, mich auf die wirklich wichtigen Dinge zu beschränken.
Beginnen wir mit Bänken.
Wie wir vielleicht schon mal erwähnt haben, nutzen wir OSM als Navigationsapp. OSM ist ein Open-Source-Projekt und wird ständig von Nutzer:innen aktualisiert. Tilman hat sich in den Kopf gesetzt, OSM zu verbessern, und trägt deswegen große Mengen an Sitzgelegenheiten wie Bänke oder Picknicktische ein - erst der Ruf "Bank!", dann das hektische Herumkramen in der Bauchtasche, Handy herausgeholt, Standort bestimmt, Bank eingetragen, zufriedenes Nicken. Ich würde mich sehr gene darüber lustig machen (und habe das zu Beginn der Tour auch getan) - doch jetzt bin ich angesteckt, und so rufen wir beide unisono "Bank!", freuen uns, wenn sie noch nicht eingetragen war, diskutieren über den feinen Grad zwischen "picnic table", "shelter" und "bench", und verhalten uns auch sonst äußerst komisch. Also ganz, wie man es von uns erwartet!
Heute morgen konnten wir allerdings keine Bänke eintragen, denn wir bekamen von Martina ein üppiges Frühstück serviert. Solcherlei gestärkt, beguckten wir uns noch den Kneippgarten (leider noch ohne Tretbecken, aber schön hergerichtet und bestimmt super für Veranstaltungen) und das Märchenhaus: eine Art Museum, voll mit allerlei Märchenbildern, Schränken, Figuren, und vielem mehr. Auch wenn ich mich nie groß für Märchen interessiert habe: die wichtigsten kennt man dann doch, und dadurch konnte auch ich an allen Ecken und Enden etwas entdecken. Nach dem Märchenhaus mussten wir dann leider weiter; es ist wohl selbsterklärend, dass es uns auch im Rotkäppchenland super gefallen hat.
Nachdem wir jetzt ja schon in einigen Neukirchens waren, wurden wir auch schon oft gefragt, was denn "das schönste" Neukirchen gewesen wäre. Und wenn wir ganz ehrlich sind, gibt es darauf keine Antwort: jedes Neukirchen hatte seinen ganz speziellen Charme und liebenswürdige Eigenheiten, tolle Menschen, schöne Landschaft, die bisher jeden Besuch lohnenswert gemacht haben.
Beim nächsten Neukirchen waren wir uns da nicht so sicher: in Haunetal-Neukirchen hatte ich niemanden erreicht. Das lag daran, dass ich den falschen, weil Ex-Ortsvorsteher angeschrieben hatte, wie mir am Morgen aus dem Rathaus berichtet wurde, wo ich spontan angerufen hatte. Also schnell noch eine Nachricht an den Bürgermeister getippt, und siehe da: er hatte Zeit, und kurz zu treffen! Schon etwas erwartungsfroher strampelten wir gen Haunetal, natürlich mal wieder schön hinauf und hinab, und erhielten kurz vor der Ankunft auch noch einen Anruf einer Journalistin der Hersfelder Zeitung, die dazukommen wollte. So waren wir dann doch ein komisches kleines Grüppchen, das sich in Neukirchen traf. Zu viert schlenderten wir durch den Ort, besuchten die Kirche und die erste Produktionsstätte von Konrad Zuse, unterhielten uns über den Ort, unsere Reise und die Lokalpolitik, und hatten alles in allem eine kurze, aber sehr schöne Zeit in Haunetal-Neukirchen. Wirklich witzig, wie spontan das geklappt hat; anscheinend hatte der BILD-Artikel (https://www.bild.de/regional/duesseldorf/duesseldorf-aktuell/radtour-durch-46-orte-mit-demselben-namen-und-taeglich-gruesst-neukirchen-77428040.bild.html) schon vor uns den Weg zum Bürgermeister gefunden. Mit anderen Worten: Unser Ruf eilt uns voraus!
Ein tatsächliches Novum haben wir in diesem Neukirchen auch erlebt: ein Bürgermeister und eine Journalistin, die jeweils ein Stück auf dem Tandem mitgefahren sind - das war mal eine witzige Erfahrung!
Nach Routenumplanung fuhren wir dann weiter, erst mal ordentlich hinauf, aber dann an die Werra. Daran blieben wir dann auch bis heute Abend, überqueren die hessisch-thüringische Grenze - Hessen hat uns hervorragend gefallen - und suchten uns einen schönen Zeltplatz. Zwischendurch fand Tilman noch ein neues Fahrzeug, das er prompt auch ausprobieren durft: ein Liegerad-Trike mit starkem E-Motor! Da ich keine Ahnung von derartigen Gefährten habe (und da Tilman natürlich schon schläft), ist diese Beschreibung vermutlich vage und inakkurat; ich verweise auf das Foto.
Desweiteren verweise ich auf die ersten Sätze: ich bin nicht wacher gewesen, und muss wohl auf Tilmans Güte hoffen, um wenigstens noch 6 Stunden Schlaf zu bekommen. Hoffentlich liest er den Blog, bevor er versucht mich zu wecken: Tilman, bitte nicht vor 6:30 Uhr, das wäre sehr freundlich!
Ob dieser Hinweis erhört wurde, erfahrt ihr im nächsten Eintrag! (Cliffhanger, Versuch Nr. II)