Lange haben wir überlegt wie wir diesen Blogeintrag nennen sollen... "Don't visit Portugal by bike", "Scheiß Portugal". Aufgrund der wirklich lebensmüden Autofahrer und der absurd schlechten Straßenqualität wäre das auch durchaus ein berechtigter Titel. Allerdings ist uns abseits der Straßen so viel Freundlichkeit begegnet und das Wetter hat sich ja auch ab und zu von einer besseren Seite gezeigt, sodass wir den Titel jetzt ein bisschen korrigiert haben :-) aber lest ruhig selbst!
Nach langer Zeit wachten wir wieder einmal am Samstagmorgen (29.10.) in einem anderen Land und dieses Mal auch in einem warmen, trockenen und gemütlichen Bett auf. Ich genoss es mal wieder richtig, in Ruhe und trocken durchzuschlafen, da die letzten Nächte durch Regen und Wind doch nicht so erholsam waren. Bei Maria und Jose gibt es am Wochenende die Tradition, dass alle gemeinsam frühstücken, da es in der Woche mitunter schwierig sein kann morgens eine gemeinsame Zeit zu finden. Eine schöne Angewohnheit finden wir! Beim Frühstücken verfestigte sich unser Gefühl, dass die beiden eigentlich "wir" und in 30 Jahren sind. Den restlichen Vormittag vertrieben wir uns damit die Zeit einige steile Treppen in der Stadt hochzulaufen und am Hügel/Berg (definitiv zu steil) bei einer Kirche anzukommen. Von dort hatten wir einen fantastischen Blick auf die Stadt. In der Kirche selbst durften wir dann den Anfang einer Taufe miterleben. Inklusive Gesangseinlage! Als wir wieder aus der Kirche traten, wurden wir Zeuge eines mysthischen Schauspiels des Nebels mit der Kirche und der Stadt.
Zum Mittag waren wieder mit Maria und Jose in der Wohnung verabredet und Jose zauberte einen richtig leckeren Braten! Als Gegenleistung für das leckere Essen versprachen wir den beiden am Abend für alle zu kochen. Jose half uns sogar beim Einkaufen, was super praktisch war, denn er wusste genau wo was zu finden war! So eine Einkaufsbegleitung wünscht man sich öfter! Während ich mich danach nochmal für ein Nickerchen ins Bett kuschelte, fuhr Tilman mit den beiden zum Strand.
Als sie zurückkamen, war Florian, den wir bereits mehrmals begegenet sind, auch eingetroffen. Manchmal ist die Welt einfach sehr klein! Als wir anfingen zu kochen, fiel Maria fast vom Hocker, als sie die Menge an Zucker für den schwedischen Kladdkaka sah. Aber was soll man schon machen :P Gerade als wir darüber sprachen, dass Eis dazu auch gut passen würde, ging Jose schnell aus der Wohnung und wir dachten er käme mit einer Packung Eis zurück. Stattdessen hatte er einen weiteren Radler, Nicolas, (diesmal aus der Ukraine) im Schlepptau. Er war zwar nicht das erhoffte Vanilleeis, aber wir freuten uns trotzdem ihn zu sehen. Und er freute sich im Trockenen zu sein! Der ganze Abend gestaltete sich dann als schöne gesellige Runde und zum Abschluss schauten wir auf YouTube noch ein paar Impressionen von der "Randonée" Paris-Brest-Paris. Ich befürchte Jose hat Tilman da mit etwas angesteckt... Ich sehe auf jedenfall Maria und mich schon in 5 Jahren irgendwo auf der Strecke stehen und die beiden unterstützen!
Am Sonntag (30.10.) profitierten wir gleich zweierlei von der Zeit. Einem Tag zuvor haben wir mit dem Grenzübertritt nach Portugal schon eine Stunde dazu gewonnen und über Nacht nochmals eine durch die Umstellung auf Winterzeit. Heißt: ich konnte das warme und kuschelige Bett noch etwas länger genießen! Zu viert machten wir uns dann fertig und verließen gemeinsam die Stadt bei schönem Sonnenschein - so wie wir uns Portugal auch vorgestellt haben!
Da wir alle unterschiedliche Geschwindigkeiten führen, verstreuten wir uns mit der Zeit. Nur bei Nicolas waren wir uns sicher, dass wir ihn nochmal sehen würden - er hat nämlich den gleichen Warmshowers Host in Porto für die Nacht!
Tilman und ich entschieden uns ein bisschen am Strand lang zu fahren und chillten unterwegs sehr viel! Ein kleiner Besuch im Lidl ließ uns dann wieder ein bisschen Heimat spüren - DANKE an Lidl für die ersten Lebkuchen dieses Jahr! Leider sollte es danach weniger spaßig werden... Die Autofahrer in Portugal sind echt die größte Katastrophe - so oft habe ich meinen mittleren Finger selten benutzen müssen! Also entschieden wir uns die etwas kleineren Straßen zu fahren, die außnahmslos alle mit Kopfsteinpflaster bestückt waren. Und wenn man den ganzen Tag darauf fährt, dann hört hier leider der Spaß auf! Eine dritte Alternative gab es dann noch: den EuroVelo1 - ein Teil eines europäischen Fernradweges, der leider "EuroVelo - Qualität " hatte - schlimmer als wir von anderen EuroVelos gewohnt waren. Die fehlende Beschilderung gleichten wir durch Tilmans Navigationskünste aus, aber als der EuroVelo dann anfing durch Fußgängerzonen zu führen und wir uns durch Spaziergänger schummeln müssten, verließen wir diesen auch ganz schnell wieder. Vorhanden war er ja leider eh nicht... Tilman bemerkte richtig, dass wir jetzt besser verstehen, warum die Franzosen ihre EuroVelos anders benennen. Dort heißt der EuroVelo 4 nämlich "Velo Maritime" und der EuroVelo 1 "Velodysee" - sie wollen nicht mit der Qualität der EuroVelos assoziiert werden! Ihr merkt schon, dass uns das Radfahren in Portugal eher weniger Spaß gemacht hat an diesem Tag... So kamen wir mit einiger Verspätung bei unserem WS Host in Porto an. Wie erwartet trafen wir bei Vijay auf Nicolas der eine Stunde vor uns dort angekommen ist. Zusammen aßen wir dann leckere Quiche und unterhielten uns übers Fahrrad fahren und Reisen.
Gleich nach dem Frühstück am Montag (31.10.) verließ uns Nicolas hochmotiviert noch einige Kilometer zu fahren. In der Zwischenzeit hatten wir nochmal eine Waschmaschine mit unseren Klamotten angestellt und warteten darauf, dass diese fertig wurde und wir sie aufhängen könnten. Als dies geschehen war, hatte der Regen draußen leider immer noch nicht nachgelassen und so genossen wir es ausnahmsweise Mal von drin und im trockenen dem Regen zuzusehen.
Gegen Mittag war das Wetter dann endlich so, dass man sich vor die Tür trauen konnte. Bevor wir Richtung Planetarium gingen, brachten wir Vijays Schlüssel noch schnell auf seiner Arbeit vorbei. Das Planetarium in Porto ist an das (Astro)Physikalische Institut angegliedert. Im Vorraum haben sie super viel Platz für Ausstellungen. Man findet dort zum Beispiel etwas über Gravitation, Asteroiden und ein cooles Brettspiel mit Riesenwürfel, bei dem man durch das Sonnensystem hüpfen kann!
Mit Elsa sprachen wir dann noch viel über Wissenschaftskommunikation und wie schwierig es eigentlich ist in der Wissenschaft zu bleiben. Was mega cool ist ist, dass das Planetarium in Porto selbst Fulldomefilme produziert. So sind sie nicht darauf angewiesen bestimmte Filme zu kaufen. Außerdem bilden sie Lehrer weiter, damit Astronomie als Schulfach in Portugal nicht ausstirbt. Wie immer, haben wir es sehr genossen mit den Leuten vor Ort zu sprechen und zu sehen mit welcher Begeisterung sie ihrer Arbeit nachgehen.
Nach unserem Planetariumsbesuch sind wir noch ein bisschen durch die Stadt geschlendert.
Abends haben wir mit Vijay dann Kürbissuppe gemacht und mit ihm und seiner Katze Fifi "Coco" geschaut. Schließlich ist ja bald día de los muertos in Mexiko :)
Dienstag (01.11.) ging es dann bei dem Wetter weiter, welches wir von Portugal erwartet haben: Sonnenschein! Aus Porto rauszukommen war zwar wieder eine Herrausforderung der besonderen Art, aber wie ihr der Karte entnehmen könnt, haben wir sie erfolgreich gemeistert!
Entlang der Küstenlinie entdeckten wir einen akzeptablen Fahrradweg, der zwar manchmal einfach endete aber im großen und ganzen befahrbar war. Da ich in Spanien, was Planetarien anging, etwas auf dem trockenen saß, erhöhten wir am Dienstag etwas unsere Quote und besuchten das zweite Planetarium in zwei Tagen. In Espinho standen wir allerdings erstmal eine ganze Zeit vor verschlossener Tür... Als wir dann einer Frau unser Anliegen erklärten vertröstete sie uns mit "one moment please" und ward nie wieder gesehen. Als dann ein weiterer Herr rauskam, dem wir abermals unser Anliegen erklärten hörten wir nur "one minute please". Doch auch er kehrte nie wieder zurück... Offenbar haben die Portugiesen ein etwas anderes Zeitgefühl... Wir entschieden uns schon fast wieder zu fahren, als ein super netter Herr mit "NASA" Tshirt ankam und mich ansprach. Wir verstanden uns super schnell. Ein richtiger Planetarier halt! Begeistert zeigte er mir ihr System und deren Kuppel! Ich durfte mir sogar eine programmierte Sequenz von ihm ansehen! Früher haben sie für Schulklassen sogar angeboten in der Kuppel zu übernachten und unter den Sternen einzuschlafen. Das Planetarium selbst ist allerdings Teil eines Medienzenters in dem es auch ein Kino und diverse Ausstellungsräume gibt. Als dann die nächste Show anfangen sollte, fuhren auch wir weiter.
So richtig viele Kilometer haben wir bis heute auch garnicht geschafft, aber das gehört sich ja auch ab und zu mal so! Belohnt wurden wir mit einem unserer coolsten Wildcamping Plätze unserer Reise: 10m über dem Wasser mit Meeresblick. Kein 5-Sterne Hotel kann diese Erfahrung übertreffen!
Am Mittwoch (02.11.) wurden wir vom Geräusch der Wellen geweckt - ein unglaublich schöner Morgen, den wir nicht so schnell vergessen würden! Als wir wieder Richtung Straße fuhren, konnten wir den etwas anspruchsvolleren Weg zu unserem Schlafplatz auch im Licht bewundern - man bekommt halt nichts für umsonst im Leben!
Heute zeigten sich die Autofahrer zwar nicht von ihrer schlimmsten Seite, aber Portugal würden wir immer noch nicht als Fahrradland empfehlen... Zwischendrin trafen wir tatsächlich auch einen akzeptablen Fahrradweg entlang eines Flusses und fanden eine außergewöhnliche Spezies in den Feuchtgewässern watscheln - Flamingos! Sie überwintern in den Feuchtgebieten Portugals und gehen den einheimischen Graureihern etwas auf die Nerven.
Unseren Schlafplatz wählten wir heute entlang einer neuen-alten Straße, die gerade neu asphaltiert wird und online als EuroVelo1 ausgeschrieben ist. Der Vorteil war, dass er für Autos noch gesperrt war, das heißt wir waren uns sicher, dass uns keiner stören wird.
Aufgeweckt wurden wir am nächsten Morgen - Donnerstag (03.11.) - durch das leichte Tröpfeln des Regens auf unserem Zelt. Wie das so aussieht, wenn man bald ins Nasse raus muss, seht ihr in folgendem Bild.
Die ersten Kilometer legten wir im mysthischem Nebel und Regen auf einer verlassenen, gerade Strasse in einer sehr eintönigen Landschaft zurück.
Irgendwann waren wir so klitschnass, dass wir uns nach alternativen Schlafmöglichkeiten zu unserem Zelt umschauten und schrieben eine Person über Warmshowers in Figuera da Foz an und warteten in einem kleinen Café auf ihre Antwort. Dort durfte ich ziemlich günstigen und guten portugiesischen Kaffee probieren. Der Eigentümer fand uns und unser Gefährt lustig und stellte uns einem deutschen Auswanderer vor, mit dem wir uns kurz unterhielten.
Als sich der Regen etwas geklärt hatte, nutzten wir die Regenpause und fuhren weiter Richtung Figuera da Foz, wo wir mittlerweile eine Zusage bekommen hatten. Da die Person selbst nicht Zuhause war, organisierte sie jemanden, der uns in den Hof lassen konnte. In der Zwischenzeit setzten wir uns in das Café vom Contintente (portugiesischer Supermarkt) wo uns ein (extra!) heißer Kakao serviert wurde :-) Bei unserem WS Host angekommen, duschten wir erstmal heiß und hängten sämtliche Sachen zum trockenen auf. Nachdem wir uns Ofengemüse zubereitet und die Katzen gekuschelt hatten, kuschelten wir uns zusammen in die Hängematte - eine Prämiere auf dieser Reise!
Freitag (04.11.) startete dann mit wesentlich besserem Wetter. Zumindest vorerst. Während wir auf dem Hof von unserer Warmshowershost mit Sonnenschein begrüßt wurden, erwartete uns unten am Strand ein immer dichter werdender Nebel. Wie ihr Tilman kennt, haben wir uns dann natürlich die Zeit genommen noch ein paar epische Fotos von Möwen im Nebel zu schießen.
Nachdem wir mal wieder auf eine etwas stressige portugiesische Straße geraten waren, ließen sich sowohl die Sonne blicken, wie auch die ersten Eurovelo1 Schilder seit einigen hunderten Kilometern! Wir waren richtig aus dem Häuschen, als wir gleich fünf von diesen sahen, welche uns sogar auf einen - für portugiesische Verhältnisse - sehr guten Fahrradweg führten.
Diesen folgten wir lange durch einen Wald, geradeaus, ein bisschen hoch und runter... Einige Kilometer später - bei dieser Straßenqualität vergingen sie wie im Flug - entschieden wir uns an einem Strand eine kurze Pause einzulegen und ausnahmsweise mal das schöne Wetter zu genießen, was Portugal zu bieten hat!
Ein Ziel hatten wir heute allerdings noch und so schwangen wir uns wieder auf die Räder und fuhren nach Nazare. Dort sollten angeblich die höchsten Wellen in Europa zu finden sein! Zeitweise konnen diese bis zu 10 Meter hoch werden! An diesem Tag waren sie nicht ganz so hoch aber nicht weniger beeindruckend. Außerdem sollte sich in der Stadtbibliothek von Nazare ein Planetarium verstecken (zumindest laut Datenbank). Und tatsächlich konnten wir mit einiger Überzeugungsarbeit jemanden finden, der uns die Tür zum kleinen Planetarium aufschloß. Leider ist dieses schon seit langerer Zeit nicht mehr in Benutzung, da der höchst interessante (und außergewöhnliche) Projektor gerade nicht funktionstuchtig ist. Wir waren trotzdem sehr dankbar, dass wir einen kleinen Blick reinwerfen durften :-)
So langsam senkte sich die Sonne gegen Horizont. Vor dem Supermarkt trafen wir noch zwei Deutsche auf einem (normalen) Tandem, die aus Bremerhaven gestartet sind und deren vorläufiges Ziel Portugal ist (yourbackismybestview). Nach einem kurzen Plausch machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Wildzeltplatz, und fuhren dafür sogar eine ziemlich brutale Steigung hoch! Wie so häufig wurden wir belohnt und fanden einen schönen versteckten und ebenen Platz mit super Blick auf die Stadt.
Und damit wir es nicht unerwähnt lassen, hatten wir an diesem Tag auch noch ein kleines Dilemma mit dem vorderen Sitz, wo sich langsam die Stangen verabschieden... Wir haben es temporär gefixt, planen aber eine stabilere Lösung mit Tilmans Bruder - Stahlstreben. Denn eine Lektion die wir während der Fahrradtour gelernt haben: kein Aluminium bei Tourenrädern!
Und damit ihr besser die Qualität der portugiesische Radwege empfinden könnt, hier eine kleine Auswahl:
Zum Abschluss gibt es noch eine kleine Sternenstunde zu wohl einem der schönsten Sternenbilder am Winterhimmel: Orion. Viele von euch kennen und erkennen ihn auch sicher am Sternenhimmel. Im Prinzip sieht das Sternenbild aus wie eine große Sanduhr am Sternenhimmel. In der Mitte befindet sich der prominente "Gürtel des Orion" in dessen Nähe sich auch der bekannte Orion-Nebel befindet.
Es gibt mehrere Geschichten zu diesem Sternenbild aber fürs erste erzähle ich euch meine Lieblingsstory. Orion war im alten Griechenland ein bekannter Krieger der überall mit seiner Kraft und Geschicklichkeit prahlte. Das ging Gaia, die Göttin der Erde, auf die Nerven und sie schickte den Skorpion um den Orion zu stechen. Dieser fand seine Beute an einem warmen Feuer sitzen und schlich sich in der Dunkelheit an. Er stach in und Orion erlitt Höllenqualen. Zum Glück hatte er einen Freund, der sich gut mit der Heilkunst auskannte und Orion das Leben rettete. Seither befinden sich Orion und der Skorpion an genau gegenüber liegenden Stellen des Sternenhimmels. Wenn Orion untergeht, geht der Skorpion auf und andersrum. So kommen sie sich nicht mehr in die Quere. Dazu gibt es übrigens auch noch eine andere Geschichte aus der arabischen Sagenwelt. Wer sich dafür interessiert, dem lege ich ans Herz entweder eine Show von Feras im Planetarium in Potsdam zu besuchen oder sich folgendes Youtube-Video reinzuziehen.
Bis dahin senden wir euch ganz viel portugiesische Sonne!