Nachdem unsere bisherige Tour 50% aus fahren und 50% aus Pause bestanden hat, wollen wir doch den ersteren Anteil etwas erhöhen. Von daher wird in diesem Blogeintrag wieder etwas mehr Bewegung drin sein :)
Zunächst müssen wir aber eine nicht so freudige Nachricht kundtun: Unser für den Samstag geplanter Neukirchen Besuch musste leider abgesagt werden. Diesmal nicht aufgrund von Problemen einerseits, sondern aufgrund gesundheitlicher Schwierigkeiten auf der anderen Seite. Aber zum Glück laufen Neukirchens ja für gewöhnlich nicht weg. :)
Am Samstag starteten wir gemütlich in den Tag und entschieden uns, die Tour im Haus der Geschichte in Bonn fortzusetzen. Wir gönnten uns dabei einen Blick in die Mode der Gärten in den verschiedenen Jahreszehnten. Dabei fiel Tilman fast aus allen Wolken, als er den Garten seines Opas wiederentdeckte.
Das Museum hielt noch andere Überraschungen parat: Zum einen wäre da noch ein von Kindern verfasster Brief an das ARD sowie ein Déjà-vu Moment bezüglich unserer aktuellen Situation und der Ölkrise 1973/74. Gerne wären wir länger geblieben, aber „Nachts im Museum“ gibt es leider nur im Film und so wurden wir zur Schließzeit freundlich rausgebeten.
Den Abend verbrachten wir noch mit ein, zwei oder drei gemütlichen Runden Dog in verschiedensten Varianten und kuschelten uns dann gemütlich in den Schlafsack.
Am nächsten Morgen - Sonntag - hieß es dann leider Abschied nehmen von der süßen Kaya und ihren tollen Eltern Hannah und Malte. Natürlich durfte auch dieses Mal nicht ein Probefahren und in Kayas Fall Probesitzen fehlen. Unser heutiges Ziel heißt Krefeld, wo Markus, ein guter Freund von Tilman, wohnt. Die paar Tage Erholung haben Idas Knien wohl nicht so gutgetan und so wechselten wir für heute unsere Positionen: Tilman vorne, Ida hinten. Wie das für mich (Ida) aussieht, seht ihr hier:
Eine unserer Pausen wollen wir noch hervorheben: In Neuss gibt es einen tollen Barfußpfad mit einem Wald daneben. Wald? Wow! Denkt ihr sicherlich… Jaja, es ist ein sehr besonderer Wald. Und zwar konnten Ehepaare dort einen Baum pflanzen und der wächst dann schön vor sich hin.
Kurz vor unserem Ziel heute sahen wir noch ein Tandem vor uns, was neue Kräfte in uns erweckte und wir holten sie ein. Es war ein Ehepaar, welches gerade von Lützerath kommt. Zum Jahrestag der Mahnwache. Bei Markus angekommen genehmigten wir uns erstmal eine schöne Dusche. Markus und Tilman ließen dann ihre Schachfiguren nochmal gegeneinander antreten.
Am nächsten Morgen - Montag - aßen wir dann gemütlich frisches, selbstgebackenes Brot. Dadurch gestärkt probierte sich Markus hinten auf unserem Tandem aus und war sogar so mutig, dass er auch mal ans Steuer wollte. Für diese famose Leistung geben wir ihm eine 10 in der D Note und eine 9 in der E Note. Für weitere Informationen bezüglich des Punktesystems, sehen Sie bitte: code de pointage. Nach dieser grandiosen Leistung fuhren wir aber ohne Markus weiter. Schließlich gibt es ja auch noch Leute, die arbeiten müssen. Wie saßen noch nicht lange auf dem Fahrrad und schon war es wieder Zeit für eine Pause: Burg Linn in Krefeld. Leider war sie geschlossen, sah aber von außen schon so beeindruckend aus, dass wie jedem einen Besuch empfehlen würden.
Zwischen Krefeld und Xanten trafen wir dann noch einem älteren Herrn mit exakt der gleichen Klingel wie wir! Kaum zu fassen... ähh klingeln, oder? In Xanten statteten wir dem Dom noch einen Besuch ab.
Danach wurde es ziemlich langweilig. Kulturprogramm für heute aufgebraucht! Erinnert ihr euch noch an den Tag, wo es fast nur geradeaus ging? Wenn nicht, dann solltet ihr nochmal ein paar Einträge zurückspulen. :) Nach dem heutigen Tag habe ich nicht nur vergessen, was rechts und links bedeutet, sondern auch was Kurven überhaupt sind. Es wurde erst wieder spannend, als der erste Grenzübergang unserer Tour bevorstand!
Und hier ein kleines Spiel für euch: Sucht Puschel! Wer nicht weiß, wer oder was Puschel ist, der schaut bitte unten im Eintrag nochmal nach.
Ich denke, den Grenzübergang erkennt man nicht nur am Schild, sondern auch an der Straßenqualität. Unser heutiger Schlafplatz wurde uns von Tilmans Mama Andrea organisiert. Eine Freundin von ihr, Cilia, meinte, wir können im Garten eines verlassenen Reiterhofs zelten. Und das taten wir auch. :)
Und so verbrachten wir unsere erste Nacht in den Niederlanden. (Anmerkung von Ida: Habt ihr euch schon mal Gedanken über das Wort NIEDERLANDE gemacht?!)
Am nächsten Morgen - Dienstag starteten wir mit einer natürlichen Dusche: Regen. Darüber waren wir aber gar nicht böse, denn schließlich braucht der Boden ja auch mal wieder Wasser.
Unser erstes Ziel: Nijmegen! Eine wunderschöne Stadt! Wir fuhren über eine beeindruckende Brücke und machten beim nächsten Supermarkt Halt. Dort wurden wir auch gleich von einer Frau angesprochen, die uns anbot, uns ihre Community zu zeigen. Diese war so angelegt, dass sie möglichst wenig Platz verbrauchen, ökologisch leben und viel Gesellschaft haben. Die drei Grundsätze waren ökologisch, sozial und Bildung. Wir fanden diese Art des Wohnens sehr interessant. Vor allem ist sie wohl in den wenigsten Reiseführern zu finden. Wenn ihr mehr wissen wollt: https://iewan.nl
Als wir aus der Stadt rausfuhren, sahen wir noch etwas ganz kurioses: Wasserwohnungen! Die Niederländer sind auch auf alles vorbereitet!
Entspannt und sicher vor Autos setzten wir unsere Reise Richtung Arnhem auf dem Fahrrad Highway fort. Bevor wir endgültig zu Cilia fuhren, wollten wir noch einen Stopp in einem kleinen Planetarium machen. Während wir so durch Felder und ab und zu an einem Bauernhof vorbeifuhren, meinte Tilman, dass wir gleich unser Ziel erreichen würden. Ein bisschen skeptisch war ich ja schon. Es war leider zu. Also klingelten wir im Nachbarhaus und fragten auf gut Glück. Nach einigen sprachlichen Hürden bekamen wir einen Termin für den nächsten Tag. Also müsst ihr euch noch ein paar Zeilen gedulden.
Abends kamen wir dann bei Cilia an und machten uns auch gleich mit unserem neuen Kocher (Holzgasverbrenner) ans Werk, um was zu beißen zu bekommen.
Wir unterhielten uns noch mit Cilia und kraulten ihre Hunde. Aber irgendwann war es auch mal Zeit fürs Bettchen…
Mit voller Vorfreude auf den heutigen Tag - Mittwoch -, standen wir auf und verspeisten voller Genuss Kaffee und Croissants von Cilia. Die ersten km waren natürlich sehr entspannt: 20km bis 14:00 und natürlich viel Verwirrung aufgrund der Schleife, die nun auf unserer Karte zu sehen ist :-) Endlich am ersten Planetarium unserer Reise angekommen, fanden wir es auch geöffnet und leider ohne freie Hühner vor.
Dafür mit umso mehr anderen Gästen. Auf dem Gelände/Garten/Feld/was auch immer, befanden sich nicht nur diverse Planetariumstechnik, sondern auch eigene Nachbauten von diversen größeren Gebäuden der Welt.
Die Gruppe wurde zunächst in zwei aufgeteilt: Eine ging ins Planetarium, die andere zum Replik des Eisinga Planetariums in Franeker. Wir gingen zuerst in das Planetarium. Mit unseren perfekten holländisch und unserer Planetariumserfahrung verstanden wir dann aber doch das wesentlichste. Bevor ich euch die Details des Planetariums vorstelle, möchte ich euch auf das krasseste überhaupt hinweisen. Henk Olthof hat das alles alleine und nur aus Spaß an der Freude gebaut. Das komplette Planetarium mit all seiner Technik ist in seinem Kopf entsprungen! Leider ist er 2010 verstorben, doch eine Stiftung von seinen Freunden führt sein Vermächtnis fort. Bis heute!
Das Planetarium hatte gerade mal eine Kapazität für 10 Personen + Vorführer. Es war komplett anders, zu jedem Planetarium in dem ich bisher war. Normalerweise hat man eine feste Kuppel mit einem Projekt in der Mitte, welcher dann die Sterne an ihren angestammten Platz projiziert. In diesem Planetarium war es andersrum. Man saß in der Kuppel und die Kuppel dreht sich um dich. Die Sterne sind Löcher in der Hülle, hinter deren Lämpchen sind. Und das ist ein super beeindruckendes und merkwürdiges Gefühl, wenn sich die Kuppel anfängt um dich zu drehen! Und damit nicht genug. Henk Olthof's Geist ist auch heute noch im Planetarium und bringt Kindern und Erwachsenen gleichermaßen den Sternenhimmel nahe. Vor seinem Tod 2010 nahm er eine Audiodatei auf, welche nun abgespielt wird. Seine Stimme hallt durch sein Lebenswerk, erklärt euch die Erde, die Sterne und die Planeten. Einfach magisch! Das schönste für mich war, dass mein Lieblingssternenbild - der Delphin - explizit in der Show erwähnt wurde. Offenbar lag auch Henk Olthof viel an diesem Sternbild :-) Im zweiten Teil wurde dann die Nachbildung der Planetariums in Franeker gezeigt und demonstriert. Super beeindruckend, wie jemand, alleine von einem Besuch in Franeker das ganze Getriebe nachbauen kann! Am Ende offenbarte ich den beiden Vorführern, dass ich selbst in einem Planetarium arbeitete und überlege nach der Tour ein Buch über Planetarien Europas zu schreiben. Das motivierte sie offenbar uns noch mehr zu zeigen :) So sahen wir dann auch die Kuppel, die Herr Olthof extra für den südlichen Sternenhimmel baute und noch viel mehr! (https://www.achterhoeksplanetarium.nl)
Dies alles führte dazu, dass wir erst 17:00 wieder zum fahren bereit waren - eine Verspätung, die wir gerne in Kauf genommen haben. Und so machten wir uns auf Richtung Norden. Sekretariat "Don Tilman" suchte hinten auf dem Tandem nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Am Ende rief uns jemand von welcometomygarden an - wir können bei ihm schlafen. Also setzten wir zum Endspurt an für die verbleibenden 50km. Um 20 Uhr kamen wir dann an und trafen ein super nettes Ehepaar. Er wandert selbst viel und fand die Idee der Seite sehr cool. Bei tieferen Gesprächen stellten wir dann fest, dass es sowohl unsere erste Gäste Erfahrung mit welcometomygarden ist, wie auch seine als Gastgeber - ein netter Zufall :)
Am nächsten Morgen - Donnerstag - ging es dann auch schon weiter. Auf dem Weg durch die Niederlande lernten wir wirklich die Fahrradinfrastruktur zu schätzen. Viele Kleinigkeiten, wo man wirklich das Gefühl hatte, dass sich jemand was dabei gedacht hat, machen das Fahren in den Niederlanden zu einer sehr angenehmen Erfahrung.
Außerdem viel uns auf, dass viele Leute die Niederländische Flagge verkehrt herum aufgehängt haben. Auch durch hin und her rätseln konnten wir uns das nicht erklären und fragten einfach einen Mann auf der Straße. Mit einer Mischung aus holländisch und deutsch konnten wir der Sache auf den Grund gehen. Es ist ein Ausdruck des Protests der Bauern gegen die Reglementierung des Stickstoffeinsatzes in der Landwirtschaft.
Für den Abend haben wir uns eine Schlafmöglichkeit bei Lys und David über Warmshowers organisiert. Die beiden waren super nett und hießen uns herzlich willkommen, obwohl sie eine sehr stressige Woche mit vielen Gästen hinter sich hatten. Nach dem gemeinsamen Abendbrot saßen wir noch lange zusammen und quatschten viel. Lys spricht neben holländisch und englisch auch Fries - eine Minderheitensprache in den Niederlanden - super interessant mehr darüber zu erfahren! Bei einbrechender Dunkelheit nahmen wir die beiden natürlich auch nochmal auf dem Tandem mit.
Am nächsten Morgen - Freitag - wollten wir relativ pünktlich aufbrechen, da wir vor dem Afsluitdijk (Abschlussdeich) uns noch das Originalplanetarium in Franeker anschauen wollten. Die ersten 20km vergingen wie im Flug. Franeker ist eine super schöne Stadt! Kaum vor dem Planetarium angekommen, wurden wir auch schon mit einem Glockenspiel von "Ode an die Freude" begrüßt! Auch das Planetarium in Franeker war ganz besonders. Eise Eisinga baute um 1775 herrum ein Planetarium in der Decke seines Wohnzimmers. Anlass war eine Aneinanderreihung mehrerer Planeten und der Prophezeiung des Weltuntergangs eines Priesters. Um die Bevölkerung ein bisschen zu bilden, tüftelte er ein sehr beeindruckendes Konstrukt mit vielen Zahnrädern aus um die Bewegung der Planeten nachzustellen. Und noch heute läuft es sehr genau. Auch seine ehemaligen Wohnräume wurden gut genutzt und mit einer echt guten Ausstellung gefüllt! Auf dem Bild mit der Sternkarte, dürft ihr auch mal das "Haar der Berenike" suchen. Mit einer Vorführerin kamen wir gut ins Gespräch uns sie war sehr begeistert von der Idee, ein Buch über Planetarien in Europa zu machen. Außerdem wusste sie garnicht, dass es ein Replik des Planetariums irgendwo ich Achterhoek zwischen Maisfeldern gibt. (https://www.planetarium-friesland.nl)
Das nächste Abenteuer des Tages wartete auch schon auf uns: der Afsluitdijk. ACHTUNG: jetzt kommen viele "Abers": Wir wollten ursprünglich über dieses beeindruckende Konstrukt des Abschlussdeiches radeln ABER der wird gerade erhöht und die Fahrradspur ist gesperrt. ABER es gibt einen Ersatzbus für Fahrräder, AUßER für Tandems und E-Fahrräder. ALLERDINGS gibt es für diese Fahrzeuge einen Extrabus, ABER der fuhr (nach mehrmaligen Telefonaten haben wir das herausbekommen) nicht zwischen dem 29.07. und dem 04.08. ABER wir dachten uns: wir probieren es trotzdem und: TADAAAA wir haben es geschafft uns hineinzuschmuggeln :-) Schmuggeln ist ein bisschen hart gesagt. Als wir an der Bushaltestelle ankamen, unterhielten wir uns lange mit einem super coolen Busfahrer, der für einen Extrabus verantwortlich war. Und weil wir uns so gut mit ihm unterhalten haben, legte er ein gutes Wort für uns bei seiner Kollegin ein und schwups - brachte sie uns über den Abschlussdeich.
Da unsere Reise über den Abschlussdeich nicht so sicher war, hatten wir uns auch noch nicht um eine Übernachtungsmöglichkeit gekümmert . Aber sobald wir drüben waren, nahmen wir uns die Zeit und schrieben verschiedene Leute über Warmshowers an. Aber bis ca 17:00 kam noch keine Antwort (schließlich waren wir auch super kurzfristig mit unseren Anfragen). Und so setzte sich die Idee in unserem Kopf fest, einfach Richtung Leiden durchzufahren, wo wir eine Übernachtungsmöglichkeit hatten. Wir waren noch super fit und motiviert. Um das zu schaffen wollten wir uns vorher noch mit Schokolade und Snacks ausstatten. Und kurz vor dieser Pause, erhielten wir einen Anruf: "Ihr könnt heute bei uns schlafen". Was für ein krasser Zufall das war: Unser Warmshowers war genau im Nachbarort von dort, wo wir gerade Pause machten. So durften wir bei Niels und Nicole nächtigen. Er holte uns bei einer Brücke ab und fuhr die restlichen meter hinten auf dem Tandem mit. Dort genossen wir einen Abend mit richtig tollen Unterhaltungen, einer tauben Katze und viel Gelächter. Also ein Tag voller guter Überraschungen! Wir sind im übrigen sehr sehr dankbar all den Leuten, die uns aufnehmen und somit Teil unserer Reise werden!
Zum Schluss möchten wir euch noch Puschel vorstellen: Puschel ist ein Nashorn mit Flügeln und Maskottchen der Opernhauses in Dortmund. In Tilmans Freundeskreis war es üblich, dass jeder ein Reisemaskottchen hat und Tilman hat Puschel geschenkt bekommen. Puschel begleitete Tilman auch auf seiner 4 monatigen Reise durch Europa. Allerdings entschied er sich am letzten Tag, als er mit Malte auf dem Fahrrad fuhr, etwas mehr von der Welt sehen zu wollen. Nach Tilmans & Maltes Neukirchenreise schenkte Malte Tilman ein selbst gehäkelte Puschel 2.0. Dieser kommt jetzt natürlich mit auf unsere Reise :)
Auch am Ende dieses Eintrages soll noch eine kurze Vorstellung eines Sternbildes folgen und für diese Woche kommt natürlich nur eins in Frage: der Delfin! Letzte Woche habe ich euch ja kurz das Sommerdreieck vorgestellt. Und unten rechts vom Sommerdreieck befindet sich dann das coolste Sternbild überhaupt: der Delfin. Sehr gut zu sehen und auch wirklich als Delfin zu erkennen :)
Das wars erstmal von uns - wir sehen/ hören/schreiben uns nächste Woche wieder :-)
Ida & Tilman